11. Art Dubai 2017

19. Mrz. 2017 in Kunstmarkt, Kunstmesse

Ginane Makki Bacho, Zivilasation (Detail), Galerie Agial, Beirut

Ginane Makki Bacho, Zivilasation (Detail), Agial Art Galerie, Beirut

Es ist die 11. Art Dubai – und noch immer ist alles von Veränderungen geprägt. Dabei sind Kunstmessen eigentlich weitgehend veränderungsresistene Veranstaltungen in meist neutraler Umgebung. Anders in Dubai. Die Stadt rings um die Art Dubai wächst in einem atemberaubenden Tempo, gerade wird ein neues „Herz von Dubai“ mit Blick auf die Downtown-Hochhaus-Kulisse gebaut.

Art Jameel, Dubai

Art Jameel, Dubai

Das Galerieviertel Alserkal Avenenue entwickelt sich immer mehr zum Kunstzentrum des Nahen Ostens, gerade gab die saudi-arabische Art Jameel-Initiative die Kooperation mit dem New Yorker Metropolitan Museum bekannt, hat für das Haus ein Ankaufsbudget beschlossen. 2018 wird in Dubai ein eigenes Zentrum mit Bibliothek, Gastateliers und Ausstellungsräumen eröffnet. Aber auch die Art Dubai expandiert immer weiter, nicht räumlich, aber im Einzugsgebiet.
hotel94 Galerien aus 43 Ländern nehmen an dieser 11. Art Dubai teil. Noch immer residiert die Messe in dem Madinat Jumeirah Hotel, wo die neobarocke Ausstattung mit den goldenen Kronleuchtern, der großen Terrasse am Wasser, der Nähe zum Meer und zum Burj al Arab dieser Kunstmesse einen einzigartigen Charakter verleihen: Hier erzählt alles von einem entspannten Umgang mit Luxus. Umso kontrastreicher ist der Rundgang durch die Messe. Zwar sieht man immer wieder harmlose Deko-Ware, aber vor allem ist diese Messe ein Seismograph für die Region. Die sozipolitische Situation spiegelt sich in den ausgestellten Werken und im Publikum der 11. Art Dubai wider. So kamen heuer auffallend viele Sammler aus dem Iran, Tunesien und Ägypten, immer wieder hört man von neuen Privatmuseen, die in Kairo, Beirut, Ramallah geplant sind. Viele Galerien vor allem aus dem Nahen Osten zeigen Werke, die starke Bilder finden für Gewalt, Migration, Ängste, Hoffnung.
publikumErstmals nehmen heuer 8 Galerien aus Teheran teil. „Als wir letztes Jahr im Komitee zusammensaßen, waren die Sanktionen gegen den Iran gerade gelockert“, erzählt die Wiener Galeristin Ursula Krinzinger. Ein Jahr später hat die USA zwar wieder verschärfte Sanktionen angekündigt, aber die iranischen Galeristen auf der 11. Art Dubai sind trotzdem zuversichtlich. Die Ag Galerie spricht von rund 300 Galerien in Teheran, viele suchen den Schritt in eine internationale Öffentlichkeit, die sie in Dubai finden. Doch auch hier wirken sich die Sanktionen aus, denn noch immer ist der Finanztransfer in den Iran ein Hürdenlauf. Manche Galeristen verfügen über Konten im Ausland, andere können nur hoffen. So erzählt die Direktorin der Mohsen-Galerie von einem Werk, das sie auf der San Francisco Artfair an eine US-amerikanische Universität verkaufte. Die zahlten zwar prompt, aber der Betrag durfte noch immer nicht weitergeleitet werden.

Stand der Mohsen Gallery, Teheran, mit

Stand der Mohsen Gallery, Teheran, mit Mehdi Abdolkarimi u. Mojtaba Aminis

Mohsen Gallery wurde von 2010 von Ehsan Rasoulof, Sohn eines iranischen Bankers und ehemaligen stellvertretenden Ministers gegründet. Für die Art Dubai beauftragte seine Galerie zwei Künstler mit neuen Werken. Beide besuchten ihre Heimatdörfer in der iranischen Provinz, Mehdi Abdolkarimi zeigt einen bedrohlich zugespitzten Kronleuchter aus Tierhaut und Mojtaba Aminis „Halab! Halab!“ erinnert an einen zerfallenen, überdachten Ganges. Der Titel benennt eine Stadt in Syrien und bedeutet zugleich ´Milch´, ein Symbol für Hoffnung. Am Stand der Agial Art Gallery steht ein kleiner Käfig aus Bronze auf dem Tisch, darin eine Figur in Handschellen.

Ginane Makki Bacho, Zivilasation, Gallery Agial, Beirut

Ginane Makki Bacho, Zivilasation, Agial Art Gallery, Beirut

Ähnliche Skulpturen zeigte die 70jährige Ginane Makki Bacho in einer riesigen Installation in der Agial Art Galerie in Beirut, die um die dunkle Seite der Zivilisation kreiste. Allein der kleine Bronzekäfig auf der Messe gibt schon einen Eindruck der bedrückenden Intensität dieses Werks. Dahinter hängt Abdul Rahman Katananis aus Stacheldraht geformter „Tornado“ – ein Bild für die Gewalt, die über Länder dieser Region fegt, wie Galerist Saleh Barak erklärt. In der Deutung weit offener, doch ähnlich bedrohlich sind die Zeichnungen der indischen Künstlerin Anju Dodiya (Galerie Daniel Templon): In biblische Darstellungen des Mittelalters malt sie dunkle Wolken, lodernde Feuer und gespenstische Masken – eine Invasion der christlichen Welt durch fremde Wesen, eine Anspielung auf Trumps Ängste?

Frank Stella bei Marianne Boesky Gallery

Frank Stella bei Marianne Boesky Gallery

Das Interesse der Sammler an solchen Werken ist groß, schon am Eröffnungstag war vieles verkauft. Frank Stellas farbenfrohe 3D-gedruckte Plastikskulpturen bei Marianne Boesky dagegen lockten nur wenige Besucher an, der Preis von 250.000 Dollar liegt allerdings auch weit über dem Schnitt auf dieser Messe. Die Berliner Galerie Carlier-Gebauer konnte eine der „Wave machines“ des jungen palästinensisch-schwedischen Künstlers Tarik Kiswanson an eine der namhaftesten Sammlerinnen der Emirate für 30.000 Euro verkaufen. Ähnlich ist auch das Preisniveau in der Modern-Sektion, wo 15 Galerien Meister der nichtwestlichen Moderne zeigen.

Ahmad Nawash,77x65, 1972,Oil on Canvas, Gallery, Amman

Ahmad Nawash,77×65, 1972,Oil on Canvas, Wadi Finan Art Gallery, Amman

Die heuer erstmals eingeflogenen einhundert Sammler aus aller Welt interessierten sich besonders für Ahmed Nawashs Malerei, die bei Preisen ab 30.000 Dollar bei Wadi Finan Art Gallery aus Amman schnell verkauft war. Gerade in dieser Sektion ist zu merken, wie rasant die Offenheit für die Kunst dieser Region wächst und wie viel Kapital dafür bereit steht. Die neue, in Dubai geborene Messedirektorin Myrna Ayad nennt die Art Dubai einen „Katalysator, der die kulturelle Landschaft der Region verändert“ – eine treffende Beschreibung, die auf keine andere Kunstmesse zutrifft.
Art Dubai, 15.-18.3.2017
veröffentlicht in: Welt, 18.3.2017