4. Art Dubai 2010

30. Mai. 2010 in Kunstmesse

Lunch auf der Terrasse der Art Dubai

Nachbericht 4. Art Dubai 2010

Die erste Ausgabe im Jahr 2007 hieß noch „DIFC Gulf Art Fair“. Die Abkürzung DIFC steht für „Dubai International Financial Center“, denn hier sollte die Kunstmesse eigentlich stattfinden. Allerdings wurden die Bauarbeiten nicht rechtzeitig abgeschlossen, also präsentierten sich die damals 41 Galerien im Luxushotel Madinat Jumeirah – um diesen orientalisch-luxuriösen Rahmen bis heute nicht mehr zu verlassen.

Madinat Jumeirah Hotel, Dubai

Zur 2. Messe-Ausgabe 2008 änderte sich dann kommentarlos der Name in Art Dubai – ob das mit der wachsenden Konkurrenz in den Emiraten zu tun hatte, wie etwa den geplanten Museen und der Kunstmesse in Abu Dhabi, der artparis Abu Dhabi, die im Jahr 2009 von der Abu Dhabi Art abgelöst wurde? 2008 war für die Art Dubai jedenfalls ein enormer kommerzieller Erfolg, vor allem indische Kunst konnte schon am Eröffnungsabend hervorragend verkauft werden. Die 3. Ausgabe 2009, erstmals auf zwei Hallen erweitert, stand dann unerwartet im Zeichen der Finanzkrise – mit der Konsequenz, dass an der diesjährigen 4. Ausgabe einige internationale Galerien nicht mehr teilgenommen haben, darunter Volker Diehl aus Berlin oder Sakshi Gallery aus Mumbai.

Larissa Sansour at B.A.N.K.

Doch trotz der mäßigen Verkäufe im Vorjahr ist die Zahl der Aussteller 2010 auf 71 Galerien aus 32 Ländern gestiegen, darunter die OMR Gallery aus Mexiko-Stadt, die Agathon Galleries aus Sydney und Melbourne, die Ayyam Gallery aus Damaskus, Grey Noise aus Lahore oder die Dea Orh Gallery aus Prag. Das spricht für Vertrauen in den Marktplatz. Zudem waren auch Teilnehmer aus Mumbai, Beirut und London und natürlich Dubai selbst vertreten. Unter den auswärtigen Gästen befinden sich elf treue Teilnehmer seit Anfang an, wie die Galerie Tanit aus München, Ursula Krinzinger aus Wien, Atassi Gallery aus Damaskus, Galerie El Marsa aus La Marsa, Tunesien, oder Continua aus Peking. Mit dabei natürlich auch wieder Sfeir-Semler, die Galerien in Hamburg und Beirut betreibt, und Dubais bekannteste Galerie Third Line.

Doch nicht nur die Anzahl der Teilnehmer ist gewachsen. Kamen 2009 noch 15.000 Besucher, darunter sechzig Museums- und Sammlergruppen, waren es dieses Jahr bereits 18.000 Besucher und 80 Gruppen – darunter sogar eine Abordnung aus der Ukraine – und mehr als 300 internationale Journalisten. Zwar waren auch eine Sammlergruppe aus Los Angeles und das Ehepaar Rubell aus den USA angereist, aber die westliche Kundschaft war eindeutig in der Minderheit. Die Mehrheit des Publikums, das ist eine überraschend schnelle Entwicklung, ist aus dem Nahen Osten.

Monir Fatmi at Paradise Row

Die Art Dubai, das war auf dieser 4. Edition 2010 unübersehbar, wird zum wichtigsten Forum für nicht-westliche Kunst mit Schwerpunkt MENASA-Region (Middle East, North Africa, South Asia). Vorbei die Zeit, als die Galerien aus den westlichen Ländern nur Westware mitbrachten. Das Angebot richtet sich zunehmend an der Nachfrage aus. Und so wird auf der Art Dubai Kunst gezeigt, die man nicht in Basel, London oder Miami Beach sehen kann. Dafür konnte man hier an jedem Stand Künstler aus den verschiedensten Kulturkreisen finden, bei Preisen von 300 Euro bis 1 Million Euro (El Anatsui bei October Gallery, London). Zu den kostengünstigen Entdeckungen gehörte etwa der Palestine Astronaut von Larissa Sansour bei La B.A.N.K. aus Paris (300 Euro bei einer Auflage von 500), Bilder aus Mini-Terrakotta-Ziegeln von Noor Ali Chagani bei Grey Noise aus Lahore (zu jeweils 1.500 US-Dollar) oder Mounir Fatmis aggressive Sägeblätter mit arabischen Schriftzeichen bei der Londoner Galerie Paradise Row (ab 5.000 Euro). Nahezu ausverkauft war der Stand der Athr Gallery aus Jeddah, der mit saudi-arabischer Kunst von der jungen syrischen Kuratorin Nour Wali hervorragend zusammengestellt war.

„Ich halte die Art Dubai für ein Barometer, an dem man hervorragend ablesen kann, wohin sich der Kunstmarkt im Mittleren Osten entwickelt“, fasst es Hisham Samawi von der Ayyam Gallery zusammen. Und das heißt, gefragt sind Klassiker wie M.F. Husain (bei Grosvenor Vadehra) und – für den westlichen Besucher eher überraschend – vor allem aber kritische Kunst, die den Nahostkonflikt ebenso thematisiert wie die Rolle der Frau. Der Scheich von Dubai hat während seiner Vorbesichtigung Abdulnasser Gharems Gemälde Men at Work erstanden, das Soldaten in eine ornamentgeschmückte Kuppel montiert (Galerie Caprice Horn, Berlin, 50.000 US-Dollar). Schnell verkauft waren auch Newsha Tavakolians Fotografien der Serie „The day I became a woman“ (Aaran Art Gallery, Teheran, jeweils 1.300 US-Dollar), die siebenjährige Mädchen in ihrer Lebenswelt zwischen Kindheit und Frausein portraitieren. Der Erfolg solcher Werke demonstriert, wie sehr die Gesellschaften dieser Region im Umbruch sind – und wie wichtig dabei die Sprache der Kunst ist. Wenn die Kunst aber zu einem Motor sozialer Änderungen wird, dann sollte sich das auch an ihrem Markt niederschlagen. So gesehen dürfte die Art Dubai dann eine Rolle jenseits der eines ökonomischen Umschlagplatzes spielen.

veröffentlicht in: www.artnet.de,  30.5.2010

http://www.artnet.de/magazine/nachbericht-4-art-dubai/

 http://www.artnet.de/content/DesktopModules/PackFlashPublish/ArticleDetail/ArticleDetailPrint.aspx?ArticleID=1&Template=Article_Print.ascx&siteID=0