6. Abu Dhabi Art 2014

10. Nov. 2014 in Kunstmesse

ADA 2014. c SBV

Gerade hatte die Kunstmesse eröffnet, da begann der Regen. Solche Wassermassen gab es hier noch nie zuvor, niemand war darauf vorbereitet. Am wenigsten die Kunstmesse Abu Dhabi Art, die seit 2011 auf der Insel der Glücklichen (Saadiyat Island) im Kulturzentrum Manarat Al Saadiyat und in einem dünenähnlich-geschwungenen Pavillon gastiert.

Shilpa Gupta, Today Will End; Subodh Gupta, Mona Lisa. c SBV

Dieser spektakuläre Norman Foster-Bau war für die Weltausstellung in Shanghai 2010 entstanden. Letztes Jahr erwies sich das Gebäude dann als nicht regenfest. Am zweiten Messetag der 5. Abu Dhabi Art 2013 mussten die Galerien das Gebäude fluchtartig räumen und kamen für die restlichen Tage in einem eigentlich als Lager genutzten Raum im Manarat unter. Betroffen waren ausgerechnet die Big Names, darunter Hauser & Wirth, Gagosian, Ropac, aber auch Athr aus Jeddah und Ayyam aus Syrien. Alles wurde fluchtartig abgebaut, an einen erneuten Aufbau und damit an Verkäufe war in dem improvisierten Quartier nicht zu denken. Lediglich Kataloge konnten ausgelegt werden. „We make you happy“ bekamen die Galerien von den Veranstaltern zu hören – was immer das am Ende bedeutet haben mag.

Heuer ist Gagosian nicht mehr dabei. Die übrigen Galerien nehmen zwar wieder teil, beschränken sich aber auf deutlich kleinere Stände, denn die 6. ADA ist eine Schrumpfversion. Statt der ehemals großzügig angelegten, zwei Räume zeigen die insgesamt 45 Galerien in einer einzigen, kleinen Halle – eben jenem ehemaligen Lager.

Artist´s Waves

Vier davon hocken in der Sektion „Artist´s Waves“ in einem dunklen Gang. Von einem ´Kurator´ ausgewählt und auf einer einzigen Wand dicht beieinander bis unter die Decke präsentiert, herrscht hier Kaufhaus-Atmosphäre. Immerhin 8000,- Dollar kostet dieser Auftritt die Galerien.

Shahram Karimi

Eleganter geht es bei den übrigen Ständen zu. Die Kölner Galerie Brigitte Schenk zeigt eine überbordende Installation von Shahram Karimi, in der er das je nach Auslegung des Korans durchaus kontrovers diskutierte Sufi-Motto ´Allah ist Liebe´ thematisiert. Beeindruckend sind Adel Al-Quaraishis acht Portraits der letzten „Guardians“ (The Park Gallery, London), die uns herausfordernd ernst anschauen. Seit dem ottomanischen Reich hielten diese in traditionellen Uniformen gekleideten Männer in Medina die Schlüssel zum Grabzimmer des Propheten Mohammed. Einst gab es mehrere Hundert, jetzt sind diese acht Wächter die letzten, sie werden nicht mehr nachbesetzt.

The Guardians

Derartig in der Region verwurzelte Kunst ist heuer allerdings eher die Ausnahme auf der Messe. Stattdessen setzen viele Galerien auf bekannte Namen, Matthias Arndt etwa auf Wim Delvoye, dessen Werke die Sheika sich für einen Ankauf vormerken ließ. Früher hieß es, diese Messe wäre überhaupt nur für die Scheichfamilie. Zumindest zur Eröffnung gilt diese Einschätzung nicht mehr, Kaufgespräche werden zahlreiche geführt und dies auch für Werke wie Sam Francis sechs Meter langes Bild (bei Edward Tyler Nahem für 2.8 Mio. Dollar) oder Daniel Burens Fieberglasbild mit LED-Leuchten (150.000,- Dollar bei Lisson Gallery).

Sam Francis, vorne: Roy Liechtenstein

 

Daniel Buren, Lisson Gallery

David Zwirner (New York) setzt mit Donald Judd, Dan Flavin, Fred Sandback auf die Väter der Minimal Art, „to educate the region“, wie die Mitarbeiter vollmundig erklären – die Chefs dieser Galerien reisten gar nicht an. Aber im Gegensatz zur Art Dubai kommt das Publikum der Abu Dhabi Art hauptsächlich aus dem Emirat, und d.h. in Zahlen: 2013 lebten rund 2.5 Millionen Menschen in Abu Dhabi, aufgeteilt in 495,368 Emirati und 1.957,728 Expatriate, und im Geschlechterverhältnis: 1.747,833 Männer, 705,263 Frauen. Die ´Region´, kann man aus den Zahlen ablesen, ist hier vor allem der Westen.

Die Entscheidung für die mitgebrachten Werke richtet sich eher kaum an die Region. Rita Aoun-Abdo, Direktorin für Kultur bei TCA Abu Dhabi, sprach es während der Pressekonferenz aus: Die Galerien würden für ihre Teilnahme an der Abu Dhabi Art ihre „Inspiration“ in den geplanten Museen des Kulturbezirks auf Saadiyat Island finden. Hauptadressat sind also die Sammlungen des als Universalmuseum angelegten Abu Dhabi Louvre, die bereits über eine bemerkenswerte Sammlung mit 300 Objekten aus allen Zeiten und Stilen verfügen. Und natürlich das Abu Dhabi Guggenheim. In den nächsten Jahren soll auf dem Saadiyat Island neben Mengen von Appartmenthäusern, Hotels, Golfplätzen auch ein ehrgeiziger Kulturdistrikt entstehen. Jean Nouvels spektakuläres Dach „Rain of Light“ des AD Louvre sieht man schon, die Eröffnung ist für Ende 2016 geplant.

Von Zaha Hadids Performance-Museum redet niemand mehr, dagegen ist für das National Museum bereits ein Bauplatz abgezäunt. Das AD Guggenheim ist bisher nur ein mediales Thema: Seit zwei Jahren setzen sich Gruppen für bessere Arbeitsbedingungen am Guggenheim-Bau ein – der bisher einzig als kleines Modell existiert.

Seeing Through Light, Sammlung Abu Dhabi Guggenheim

Präsent dagegen ist ein Teil der AD Guggenheim-Sammlung. Während der Kunstmesse sind 19 Werken unter dem Titel „Seeing Through Light“ zu sehen. In einer sehr konventionellen, thematisch sehr eng gefassten und westlich orientierten Zusammenstellung kommen darin Heinz Mack, Otto Piene über Keith Sonnier, Dan Flavin bis Angela Bulloch zusammen, garniert mit kleineren Formaten von Y. Z. Kami und Shirazeh Houshiary.

Pool-Landschaft des Rosewood Hotel, Abu Dhabi

 

Eine Pressetour ohne Programm: Pool-Time

Aber nicht nur als Lockvogel und als Sammlung schwebt das AD Guggenheim über der Messe. Auch die Zukunft der Veranstaltung hängt damit zusammen. Was passiert mit der Messe, wenn die Museen Ende 2017 eröffnet sein werden? Braucht Saadiyat Island die kleine Kunstmesse dann noch? In dem ebenfalls im Manarat ausgestellten Modell zum Ausbau der Insel ist das Gebäude nicht vorgesehen. Passt solch ein Mini-Format überhaupt zur großen „Abu Dhabi Vision 2030“, wie die massiven Bauvorhaben in Abu Dhabi überschrieben sind? Gerade meldete die lokale Tageszeitung „The National“, dass die neue „Yas Mall“ stolze 20 Millionen Besucher im ersten Jahr erwarte, pro Tag mehr als 50.000 Menschen. Wenn ich die große Mall gleich neben unserem Rosewood-Hotel anschaue, ist das sehr optimistisch gerechnet: Alle 20 Schritte trifft man eine einsame Gestalt, die Verkäufer stehen gelangweilt in der Tür, die Lokale sind leer. Im Hotel kommt der Lift in der Sekunde, der als Landschaft angelegte Pool gehört uns nahezu allein.

vorne links Zaha Hadid, dahinter das flache Gebäude: Abu Dhabi Louvre

Aber die Pläne sind ambitioniert: Bis zum Jahr 2030 rechnet man hier mit einem Bevölkerungsanstieg auf bis zu 5 Millionen Menschen. Wäre es da nicht passend, auch die Messe zumindest räumlich wieder zu vergrößern? Oder ist die heurige Schrumpfversion ein Zeichen für ein baldiges Ende des Formats?

Abu Dhabi Art, 5.-8.11.

veröffentlicht in: Die Presse, 9.11.2014

Wie auf der Art International im September in Istanbul bietet die Galerie Leila Heller auch in Abu Dhabi denselben Künstler an: Steven Naifeh, bekannt vor allem durch seine Jackson Pollock-Biographie

 

Majlis, d.h. der Empfangsraum des Kulturministers

 

Kamelfleisch-intensiver Lunch beim Kulturminister

 

neueste Errungenschaft des Ministers: Ford von 1920