Alex Katz

30. Mai. 2014 in Ausstellungen

Alex Katz, Black Hat 2, 2010

Letzte Woche konnte das Auktionshaus Dorotheum einen Rekord feiern: der höchste Zuschlag für ein Werk von Alex Katz in Wien. Geschätzt auf 25.-30.000 Euro, ging das nur 40 x 30 cm kleine Portrait eines jungen Mannes mit Pelzkragen und Hut (2003) auf 44.220,- Euro hoch.

Alex Katz, Portrait, 2003

12 Jahre zuvor hatte die unwesentlich kleinere „Jessica“ (1996) nur wenig über dem Schätzwert schon bei 7.930,- Euro den Zuschlag erhalten. Eine gute Verfünffachung in etwas mehr als einem Jahrzehnt – liegt diese Erfolgsgeschichte vielleicht an dem Dauerabonnement, das der US-amerikanische Maler in Österreich hat?

1999 zeigte die Galerie Ropac den 1927 geborenen Künstler das erste Mal in Salzburg, 2003 tastete sich das MMK in Kärnten an dieses außergewöhnliche Werk heran. Seither sehen wir die meist farbenfrohen, plakativ gemalten, ausdruckslos in die Welt schauenden Portraits von Unbekannten hierzulande nahezu jährlich, in einer Einzelausstellung in der Albertina 2005, 2010, 2012 ausnahmsweise in einer Gruppenshow und jetzt, 2014, wieder als alleiniger Star. „Zeichnungen, Kartons, Gemälde aus der Albertina“ lautet der Untertitel. Und wenn Katz nicht in der Albertina zu sehen war, dann im Essl Museum in Klosterneuburg: innerhalb von acht Jahren sechs Mal in Gruppen-, 2012 dann noch in einer Einzelausstellung, an die sich gleich die Schau im Salzburger Museum der Moderne anschloss – und übrigens mit eben exakt demselben Bild warb, das jetzt auch die Einladung der Albertina ziert: Black Hat # 2 (2010).

Alex Katz, Nabil, 2013, Kohle

Was bloß fasziniert die österreichischen Museumleitungen und insbesondere die Albertina derartig an dieser Malerei, das Wiederholungen in so kurzer Abfolge in Kauf genommen werden? Ist das die Folge einer erfolgreichen Arbeit der Galerie Ropac, die immer wieder einmal Schenkungen an das Haus beinhaltet? Oder sind es die Schenkungen des Künstlers, der 2009 sein druckgraphisches Werk und letztes Jahr 60 Zeichnungen und Kartons der Albertina übergab? Oder kann dieser Maler etwas, was andere nicht können? Katz begann bereits in den 1950ern mit seinen Menschenbildern, als seine Kollegen wie Jackson Pollock laut und erfolgreich auf Abstraktion setzten. Er dagegen entschied sich für einen Stil, der die niederländische Portraitmalerei des 17. Jahrhunderts mit der Plakativität der Pop Art verbindet: strenger Blick, minimaler Umraum, eng begrenzter Ausschnitt in knall-bunten, meist großflächig aufgetragenen Farben und vor allem laute Asseccoires: Seine Figuren tragen besonders gerne Hüte und Sonnenbrillen. Dem Rückgriff stimmt Katz übrigens nicht zu, die historische Portraitmalerei interessiere ihn nicht, sagt er mir im Interview. Das KHM hat er auch erst zwei Mal besucht.

Alex Katz, Study for Mary Tyler Moore, 2000

Seit mehr als sechs Jahrzehnten ist er diesem Stil treu, gleich welche Diskurse und Trends gerade in der Kunst dominieren. Manchmal änderte er den Lichteinfall, nicht mehr frontal wie Anfangs, sondern von der Seite. Manchmal etwas größer im Bild platziert, manchmal mit offenem, dann mit geschlossenem Mund. Auf den Vorwurf einer gewissen Redundanz antwortete Katz einmal mit einer alten Weisheit: „Man kann seinen Fuß nicht zweimal in denselben Fluss stellen.“ Heißt: der Fluss verändert sich stetig, es ist immer neues Wasser. Ja, es sind immer neue Köpfe.

Alex Katz, Nessia, 2013, Kohle

Was aber fasziniert die Menschen an diesen kalten, unnahbar wirkenden, fremden Menschen? Liegt der Reiz in dem mondänen Aussehen, diesen Fönfrisuren und der makellosen Haut, die uns einen Hauch von Oberschicht hineininterpretieren lassen – eine Wunschwelt suggerieren, der man sich durch einen einfachen Blick darauf zugehörig fühlen kann? Oder sehen wir darin eine zeitgemäße Version der Idealschönheit, wie Kunstexpertin Petra Schäfer vom Dorotheum vermutet? Das würde erklären, warum Katz´ kleines Landschaftsbild auf der Auktion letzte Woche liegen blieb, und warum all die Katz-Ausstellungen nur mit diesen stylischen Portraits, nicht mit seinen Blumen-, Wald- und Tierbildern werben – zuwenig Idealschönheit? Katz wehrt diese Sicht ab, um Schönheit gehe es ihm nicht, es male nur die Menschen um ihn herum. Oder die Landschaft vor seinem Haus in Maine, oder den Regen. Jetzt arbeite er gerade an Portraits vor schwarzem Hintergrund. Die sind in Wien aber noch nicht ausgestellt. Vielleicht werden die dann ja in einer sicher bald folgenden Präsentation helfen, all die Fragen zu beantworten.

Alex Katz, Rain 1998

Veröffentlicht in: Die Presse, 28.5.2014

Alex Katz, Zeichnungen, Kartons, Gemälde aus der Albertina, 28. Mai – 28. September 2014-05-22

alle Abbildungen: c Albertina, Bildrecht, Wien 2014