Alexander Kluge im Wiener Belvedere 21

06. Jun. 2018 in Ausstellungen

Alexander Kluge. © Belvedere, Wien, 2018 / Foto: Oliver Khafagi

Alexander Kluge. © Belvedere, Wien, 2018 / Foto: Oliver Khafagi

Alexander Kluge (geb. 1932) studierte Geschichte und Kirchenmusik in Freiburg und promovierte in der Rechtswissenschaft. 1958 wird er juristischer Berater des Frankfurter Instituts für Sozialforschung und bald enger Vertrauter von Theodor W. Adorno, der ihn gleich auf neue Wege schickte: ein Volontariat bei Fritz Lang. Schon 1960 erhält Kluge den ersten Preis für seinen mit Peter Schamoni gemeinsam gedrehten Kurzfilm „Brutalität in Stein“. Seither ist er Filmemacher, aber auch Philosoph, Honorarprofessor, Schriftsteller und Unternehmer der Firma dctp.

© Belvedere, Wien, 2018 / Foto: Oliver Khafagi

Ausstellungsansicht Alexander Kluge © Belvedere, Wien, 2018 / Foto: Johannes Stoll

Er selbst versteht sich als Autor – und erklärte gerade anlässlich seiner enorm verdichteten, faszinierenden Ausstellung im Wiener Belvedere 21 (vorher: 21er Haus) Grundsätzliches. Unter dem Titel „Pluriversum“ war die Ausstellung von September 2017 bis Januar 2018 im Essener Museum Folkwang zu sehen, die Wiener Version ist eine verkleinerte Adaptierung. Kluge nennt es eine „Schmuckschatulle“: „Die Kuratoren haben etwas miniaturisiert, dadurch ist es besser geworden.“ Sechs Kapitel umfasst die kleine Schau, für die Kluge einige „Minutenfilme“ neu produzierte: „Minutenfilme sind meine Spezialität.“ 50 Filme werden gezeigt, darunter 24 neue, Soundfiles und „Multiperspektivisches“.

Ausstellungsansicht Alexander Kluge, © Belvedere, Wien, 2018 / Foto: Johannes Stoll

Ausstellungsansicht Alexander Kluge, © Belvedere, Wien, 2018 / Foto: Johannes Stoll

Es sei eine „kleine Wunderkammer“, die ihn „anrühre“, er habe „Musik, Theorie, Texte und eine Gespensterkunde zusammengebracht“. Warum Magie? „Weil Magie einen Hoffnungshorizont gibt.“ In Anlehnung an das Märchen des nicht-eingeladenen 13. Gasts, der anschließend Unheil anrichtet: „Wir arbeiten als Anwälte der 13. Fee“, jener Person, die einen anderen Blick werfen kann, einer notwendigen Ergänzung, die nicht übersehen werden sollte.
„Die poetische Kraft der Theorie“ wählte Kluge als Titel – und erklärt: „Die Grundlage der Poetik ist die Vielfalt der Sinne, die wir in uns tragen.“ Theorie argumentiere „nur diskursiv, in Schriftform und in grammatikalisch geordneter Sprache, das genügt nicht den Anforderungen des 21. Jahrhunderts.“ Warum „poetisch“? Das sei der „Gegenalgorithmus gegen die Sprache des Silicon Valley“. „Poetik ist ein Bombenentschärfungskommando, es kann reparieren.“

Alexander Kluge, Filmstill aus „Die Namen / Die Linien“, 2017 Courtesy Kerstin Brätsch und Alexander Kluge

Alexander Kluge, Filmstill aus „Die Namen / Die Linien“, 2017. Courtesy Kerstin Brätsch und Alexander Kluge

Themen seines Werks sind immer wieder Liebe und Arbeit. „Arbeit hat uns modern gemacht, durch die Agrikultur, Industrialisierung und die Verstädterung. Deswegen ist es wichtig, Arbeit zu beschreiben.“ Warum mischt er Kunstwerke von Thomas Demand, Kerstin Brätsch, Anselm Kiefer in seine Schau? „Man muss Konstellationen zulassen. Ich arbeite konstellativ.“