Art & Antique Wiener Hofburg

14. Nov. 2015 in Kunstmarkt

// Art & Antique 2015

// Art & Antique 2015

Wien hat eine erstaunliche Anzahl an Messen für den Kunst- und Antiquitätenhandel. Noch erstaunlicher ist die Beobachtung, dass die Schnittmenge der Veranstaltungen immer größer wird.

Taro Meisner

Taro Meisner, Galerie Rheintaler, Wien

So steht eine Metzgertheke, die vor gut einem Monat auf der Viennafair auffiel, jetzt auf der gerade eröffneten Art & Antique in der Hofburg. Die Galerie Reinthaler bietet darin lauter Würste an – alles täuschend echt aus Marmor gehauen. Eine einzelne Wurst kostet ab 550,- Euro, ein netter Gag. Auch begegnet man auf mehreren Messen immer wieder denselben Namen von Hans Staudacher bis Gunther Damisch – eine Folge des Kundenwunsches nach festen Konstanten im Messetrubel? 0_bb96c6e240Erstaunlich ist auch die zunehmende Menge von Malerei auf der Art & Antique, denn kaum ein Stand der 50 Teilnehmer verzichtet auf diese Wanddekoration. Aber das sei schon seit Jahren so, erklären mir die meisten, das sei ein klarer Trend. Daneben gibt es aber auch interessante Objekte zu entdecken, die uns auf historische Reisen mitnehmen: Jahrhundertelang war strahlend blaues Glas so kostbar wie Gold. Grundbestandteil war Kobalt, das damals nur geheimnisvolle Schatzsucher fanden, die meist auffallend kleinwüchsig waren. Sie erkannten an den Pflanzen der Umgebung, welche Mineralien in dem Gestein der Berge zu finden waren, legten Stollen an und schliefen bisweilen sogar in den Mienen. Sie lebten im Verborgenen und arbeiteten wie Freibeuter. Den Einheimischen waren diese Bergleute unheimlich, damals entstanden die Mythen und Märchen von Zwergen und – Kobolden.
Bis heute fasziniert das strahlende Blau im Glas, das längst mit Kobaltoxid gefärbt wird. Auf der Hofburgmesse finden wir es in vielen Gläsern der Jahrhundertwende. Da die Art & Antique heuer unter dem Schwerpunkt ´Jugendstil´ stattfindet, haben gleich mehrere Händler hervorragende Glasobjekte dieser Zeit vor allem von der Firma Johann Loetz-Witwe Klostermühle mitgebracht. BildbalkenDie perfekte Verarbeitung und komplizierte Herstellungstechnik der vielfältigen Produktion ließ die Loetz-Objekte in den letzten Jahren zu immer begehrteren und teureren Sammlungsstücken werden. Der Kunsthandel Kohlhammer produzierte heuer eigens einen Katalog, in dem die Erfolgsgeschichte der Loetz-Gläser nachzulesen ist. Demnach gelang der internationale Durchbruch auf der Pariser Weltausstellung 1900, die Menschen waren fasziniert von den farbigen, fast flüssig erscheinenden, silbrig-irisierenden Dekorationen, die teilweise sogar mit „Loetz Austria“ wie kostbare Kunstwerke signiert wurden. Das Prunkstück des Katalogs, eine orangenfarbige, mundgeblasene Vase konnten die Brüder Kohlhammer schon zu Beginn verkaufen.
Manche Vasen greifen deutlich Formen der Antike aus dem römischen Kulturraum auf und es ist ein schöner Zufall, dass diese Stücke auf der Messe auf ihre Vorbilder treffen. Gleich gegenüber von der Vitrine mit Loetz-Gläsern am Stand des Kunsthändlers City Antik bietet Christoph Bacher Antike Kunst an. Auch hier stehen irisierende Gläser, die allerdings 2000 Jahre alt sind. Die schillernden Farben dieser römischen Gefäße für Öle oder Parfüm entstanden allerdings erst infolge der langen Lagerung im Erdboden. Bacher nimmt heuer das erste Mal an der Art & Antique teil und ist begeistert von dem Interesse an den antiken Kulturschätzen.

Griechische Grabstele, Christoph Bacher

Griechische Grabstele, Christoph Bacher

Das Prunkstück an seinem Stand ist eine griechische Grabstele aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., auf der noch Farbreste zu erkennen sind. Mit 48.000,- Euro ist es sein teuerstes Objekt, die Gläser beginnen bei 250,- Euro, der antike Schmuck bei 700,- Euro.
Römische Halskette, 2.-3.Jh. n.Chr.

Römische Halskette, 2.-3.Jh. n.Chr.

Ein ganz besonderes Stück hat auch Galerist Horst Maras mitgebracht: ein fettes Fauteuil, in eine Armlehne ist ein Aschenbecher, in die Rückenlehne zwei Lampen eingebaut.

Eckehard Muthesius // Galerie Horst M

Eckehard Muthesius // Galerie Horst Maras

Der Bibliothekssessel stammt von Eckart Muthesius. Der deutsche Architekt lernte als 25jähriger auf einer Gartenparty 1929 in London den jungen Maharadscha von Indore kennen, der ihn spontan mit dem Bau und der Ausstattung seines Palastes Manik Bagh beauftragte, von den Türklinken bis zur Badezimmerlampe – moderne westliche Formensprache traf auf das traditionelle Indien. Muthesius ließ sechs dieser Fauteuils für den Palast bauen, die heute nicht unter 300.000,- Euro zu bekommen sind. Aber 1989 wurden manche von Muthesius´ Möbelentwürfe neu aufgelegt, aus dieser Serie stammt das Stück bei Maras für 20.000,- Euro. Einige Reihen weiter bietet der Kunsthandel Patrick Kovacs für eine etwas höhere Summe ein fünfteiliges Herrenzimmer (29.500,- Euro) an, das von der berühmten Firma Portois & Fix 1906 verkauft wurde. Wo kann man heute ein solches Zimmer aufstellen? „Dafür muss man einen Raum opfern,“ erklärt Kovacs, die Eleganz in der Formensprache der Moderne aber belohne einen dafür.

Kunsthandel Kovacs

Kunsthandel Kovacs

 

veröffentlicht in: Die Presse, 11.11.2015