Bildrechte – Urheberrecht bei Ausstellungsfotografien

29. Jun. 2022 in Kunstmarkt, News

Hashel Al Lamki, NEPTUNE. Beyond: Emerging Artists 2021. Credits and courtesy Abu Dhabi Art Fair 2021 Courtesy of Abu Dhabi Art

Hashel Al Lamki, NEPTUNE. Beyond: Emerging Artists 2021. Credits and courtesy Abu Dhabi Art Fair 2021

Bildrechte, wo beginnt, wo endet das? Kataloge, Magazine, Tagespresse – wenn über Kunst geschrieben wird, dürfen Abbildungen nicht fehlen. Damit einher gehen allerdings heftige Komplikationen: Wann wo und wie lange darf ich unter welchen Bedingungen Abbildungen von Kunst honorarfrei verwenden? Und damit sind wir mitten im Urheberrecht. Zunächst eine Unterscheidung: Es gibt das Verwertungsrecht am Kunstwerk (Werk) und das Verwertungsrecht am Foto des Kunstwerks oder der Ausstellung (Foto). Werke dürfen in Forschung und Lehre als „Bildzitat“ kostenfrei zugänglich gemacht werden, alle anderen Nutzungen sind vergütungspflichtig – hier lohnt ein Blick auf die Internetseite der Verwertungsgesellschaft Bildrecht, Gesellschaft zur Wahrnehmung visueller Rechte. Die Bildrecht vertritt in Österreich die Rechte von 160.000 Künstlern, hat Gegenseitigkeitsverträge mit Schwesterngesellschaften in 40 Ländern bis nach Japan und Südkorea. Für Werke der Vertrags-Künstler sind die Tarife bei Abbildungen genau aufgelistet, für non-profit-online müsste man für bis zu 50 Werke jeden Monat 10 Euro zahlen, ein kommerzieller online-Nutzer zahlt im ersten Monat 500 Euro pro Werk.

Acon Art Gallery. Courtesy Art Dubai 2021

Aicon Art Gallery. Courtesy Art Dubai 2021

Soweit so klar. Bei Fotos dagegen wird es heikel. Hier summieren sich die Fallen an den Bildrechten – und davon können Galerien, Museen, Printmedien und Autoren viel erzählen. Um die Gebühren von Künstlern zu umgehen, werden auf manchen Fotos, besonders gerne auf Ansichten von Kunstmessen, Menschen vor  Kunstwerke platziert. So sei die Kunst ja nur, eigentlich zufällig, Hintergrundgestaltung. Obwohl unfair gegenüber den Urhebern, geht das oft durch. Wenn allerdings ein Sammler in seiner Sammlung fotografiert wird, gilt diese Umgehung nicht – das mussten einige Printmedien kostenintensiv lernen. Bei Fotos von Ausstellungen wird es noch heikler, und das besonders, seit eine Wiener Fotografin gezielt nach ihren Lichtbildern sucht. Seither ist Vorsicht geboten: Einst kostenfreie Pressebilder der Wiener Secession und auch des MUMOKs können jetzt teuer werden! Da kann plötzlich eine horrende Honorarrechnung kommen – was auch der Autorin dieser Zeilen passierte. Eines von Pez Hs. Fotos stand offenbar „urheberrechtswidrig“ öffentlich auf meiner Internetseite. Sieben Jahre lang. Bildrechte! War die Aufnahme aus einer Ausstellung im Architektur Zentrum Wien (AZW) damals nicht als Pressebild kostenfrei zur Verfügung gestellt worden? Ja, schon. Aber das gelte lediglich für die Laufzeit der Veranstaltung, danach benötige es ein „Einverständnis“ bzw. eine „Werknutzungsbewilligung“ für Bildrechte. Wurde das denn damals nicht mit dem AZW geklärt, die die Fotos beauftragten, bezahlten und der Presse ohne klare Einschränkung anboten? Offenbar nicht – und damit fängt das Problem der Bildrechte an. Fotografen-Verträge mit Kulturinstitutionen und Galerien waren in der Vergangenheit mehr als ungenau. Nicht zuletzt darum können jetzt rückwirkende Forderungen gestellt werden. Manche halten das für modernes Raubrittertum. Aber tatsächlich ist das Recht auf Seiten der Fotografen – oder nicht? Was sagen Urheberrechtsanwälte dazu? Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, damals in einem Printmedium, war die Sache klar: kostenfrei, erlaubt. Später ist es ein „Graubereich“, wie eine Rechtsanwältin es nannte, der je nach Fall geklärt werden muss. Jurist Alfred J. Noll sieht es anders. Er spricht der Fotografin prinzipiell das Recht zu, allerdings mit einer spannenden Einschränkung: Die Abbildung auf meiner Seite könne als „Anschauungsmaterial für eine These“ gelten und falle dann „unter das (freie) Zitatrecht“. Aber das liefe auf einen Prozess hinaus. Für Wolfgang Mattiasch, Rechtemanager Bildrecht, ist es auch eindeutig: Eine Archivnutzung sei klärungsbedürftig. Denn „jede Veröffentlichung eines geschützten Werkes benötigt die Zustimmung des Urhebers“. Es gebe „keinen gutgläubigen Erwerb im Urheberrecht“.Das mag jetzt nach vernachlässigbaren Einzelfällen klingen. Tatsächlich stellt es aber eine ganz Branche auf den Kopf. Galerien versenden Ausstellungsansichten an potentielle Kunden, Kunstmessen lieben die massenhaft publizierten Fotografien – muss dafür bei jeder Nutzung gezahlt werden? Printmedien halten Kunstrezensionen im Archiv bereit – können Fotografen hier Nachforderungen stellen? Was ist mit den non-profit-blogs, müssen die jede Abbildung einzeln klären? Mattiasch bestätigt: Es bedarf tatsächlich Nutzungsbewilligungen. Vielleicht müssen alle Presse-Fotos aus Archiven gelöscht werden? Dann allerdings gäbe es bald kein Anschauungsmaterial mehr für Kunstgeschichts-Forschungen. Mattiasch jedenfalls rät: „Im Zweifelsfall: Die Finger davon lassen!“

veröffentlicht in:Die Presse, 25.4.2022