Faszination Siebdruck – Die Schenkung Edition Artelier

19. Feb. 2019 in Ausstellungen

Petra Schilcher und Ralph Schilcher in der Ausstellung. Foto Universalmuseum Joanneum/N. Lackner

Petra Schilcher und Ralph Schilcher in der Ausstellung. Foto Universalmuseum Joanneum/N. Lackner

Es war nicht ihre erste, aber mit Abstand ihre größte Schenkung, die Petra und Ralph Schilcher der Neuen Galerie Graz 2015 überreichten. Sie hatten nach 30 Jahren die Produktion und das Verlegen von Siebdrucken bzw. Kunsteditionen beendet, was zugleich das Aus der 1985 gegründeten Edition Artelier bedeutete. Damals übergaben sie der Neuen Galerie Graz mehr als 1000 Siebdruck-Editionen aus ihren Beständen. Verbunden damit war die Aussicht auf eine Ausstellung des Sammlungskomplexes. Das dauerte seine Zeit, aber jetzt ist endlich zumindest ein kleiner Teil der Schenkungen zu sehen. Offenbar suchte die Neue Galerie einen Blick von weit außen auf das Konvolut und beauftragte den Kunsthistoriker und Fotografie-Spezialisten Friedrich Tietjen als Kurator. „Zu viel ist nicht genug!“ nennt Tietjen seine Schau, für die er ein eigenwilliges Konzept entwickelte: Er betont die „Kunst ohne Unikat“, stopft den ersten Raum übervoll mit 200 (!) Werken dicht an dicht, um dann in den weiteren Räumen einige Werke zu wiederholen. „Die an Archive und Depots angelehnte Ausstellungsarchitektur markiert dabei den Übergang der ja durchaus für den privaten Besitz gedachten Werke in die Sphäre des Museums“, heißt es dazu im Pressetext. Ursprünglich wollte Kurator Tietjen sogar einige Siebdrucke komplett verpackt präsentieren – Konzept überbietet Kunst?
Leitfragen der Ausstellung sind laut Pressetext „Wie werden in der ´seriellen Kunst´ Fragen der Autorenschaft verhandelt? In welchem Verhältnis befinden sich Unikate und Serien zueinander? Und welche Wechselwirkungen gibt es zwischen Kunst, Alltag und Leben?“ Das sind sicher interessante Fragen für Seminare. Aber wäre es nicht viel spannender herauszuarbeiten, wie vielschichtig die Siebdruck-Technik über die Jahre in Zusammenarbeit mit den gut 200 nationalen und internationalen KünstlerInnen eingesetzt wurde? Oder der Entwicklungsprozess von Entwürfen bis zur fertigen Edition? Immerhin erhielt die Neue Galerie damals zugleich Mengen an Archiv- und Dokumentationsmaterial.
Ab und an ahnt man in dieser Präsentation etwas von der Faszination am Siebdruck, die in der Zusammenarbeit gelegen haben muss, wenn man etwa hin und herrennt zu den verschiedenen Editionen von Peter Kogler. Seit 1986 arbeiteten sie zusammen, mehr als dreißig Entwürfe wurden umgesetzt. 2010 ließ Kogler eines seiner Muster auf einen u-förmigen Tisch drucken. Ein Exemplare steht jetzt merkwürdigerweise Kopf – und dies noch dazu auf einem viel zu großen, lauten und überambitionierten Gestell, das eigens für die Ausstellung angefertigt wurde.

v. l. n. r.: Matthias Klos (Ausstellungsgestalter), Petra Schilcher (Sammlung Artelier), Friedrich Tietjen (Kurator), Alexia Getzinger (kaufmännische Direktorin UMJ), Wolfgang Muchitsch (wissenschaftlicher Direktor UMJ), Ralph Schilcher (Sammlung Artelier) und Peter Peer (Leiter Neue Galerie Graz), Foto: Universalmuseum Joanneum/N. Lackner

v. l. n. r.: Matthias Klos (Ausstellungsgestalter), Petra Schilcher (Sammlung Artelier), Friedrich Tietjen (Kurator), Alexia Getzinger (kaufmännische Direktorin UMJ), Wolfgang Muchitsch (wissenschaftlicher Direktor UMJ), Ralph Schilcher (Sammlung Artelier) und Peter Peer (Leiter Neue Galerie Graz), Foto: Universalmuseum Joanneum/N. Lackner

Das kurioseste Objekte ist sicher Gustav Trogers bedrucktes Clo (1991), das auffälligste Peter Weibels „Stilleben für das 20. Jahrhundert“ (2011): ein Blumentopf aus Ton, in dem sechs Mancheten stecken – welch eindrückliches Bild für ein Jahrhundert voller Kriege, Aufstände, Revolutionen und Militärputsche! Großartig die riesige Edition „rueckeroberte freiheit selbstaendigkeit“ von Albert Oehlen (1990), überraschend das bewegte Band von Thomas Baumann (2011). Aber wo sind die Drucke von Ernst Caramelle, oder habe ich die in der Fülle übersehen? Was eigentlich sprach gegen eine mehr chronologische Hängung, die Schritte in der Experimentierfreudigkeit hätte anschaulich manchen können? Das zumindest kann man im Katalog nachholen, in dem alle Editionen aufgelistet und teilweise beschrieben sind – und wo man sich eine stille Wunschliste erstellen kann von jenen Arbeiten, die man so gerne noch einmal im Original gesehen hätte. Große Gratulation, Petra und Ralph Schilcher, für eine tief beeindruckende Arbeit über 35 Jahre!