Florian Pumhösl KANAL in der Galerie Meyer Kainer, Wien

17. Jul. 2017 in Ausstellungen

Florian Pumhösl, Kanal. Courtesy Galerie Meyer-Kainer. Foto Marcel Koehler

Florian Pumhösl, Kanal. Courtesy Galerie Meyer-Kainer. Foto Marcel Koehler

Florian Pumhösl wechselte heuer seine Galerie in Wien und stellt erstmals in der Galerie Meyer Kainer aus. Unter dem Titel „Kanal“ zeigte der für seine minimalistischen Werke bekannte Künstler eine völlig neue Werkserie: von wenigen Linien durchzogene Wandreliefs im Format 220 x 74 cm, mit Rostschutzfarbe bestrichene Metallplatten.
Sabine B. Vogel: Deine neuen Werke zeigen minimale Linien auf einer rechteckigen Fläche. Wieso betitelst du diesen Raum in deiner Ausstellung mit „Kanal“?
FLORIAN PUMHÖSL: In früheren Arbeiten bin ich sehr oft von Singularitäten oder einzelnen Beobachtungen ausgegangen, die historisch waren. In den letzten Jahren habe ich versucht, die Kohärenz zwischen den Referenzen und meinen Arbeiten sukzessive aufzulösen. „Kanal“ ist für mich ein Schritt, die Singularität wieder einzubringen, die aber keine konkrete Anleihe übernimmt.
SBV: Mit ´konkret´ meinst du Vorlagen wie das UNESCO-Handbuch für die Ausstellung in der Secession oder Moholy-Nagys Collage „Mutter Europa kümmert sich um ihre Kolonien“ für dein Werk mit den zwei Punkten? Oder die Gestaltung von Onchi Koshiro für deine „Modernologie“ auf der documenta 12 2007?

Florian Pumhösl, Kanal. Courtesy Galerie Meyer-Kainer. Foto Marcel Koehler

Florian Pumhösl, Kanal. Courtesy Galerie Meyer-Kainer. Foto Marcel Koehler

FLORIAN PUMHÖSL: Ja. Hier bedeutet der Kanal aber mehr die Imagination, eben eines regulierten Flusses als eine historische Flussregulierung wie die vom Wien-Fluss. Oder ein konkretes Wasserbauwerk. Dabei habe ich versucht, die Situationen zu identifizieren, auch durchaus in der Beobachtung von Landkarten und Plänen städtischer Situationen, so etwas wie ganz allgemeine Aufgaben, die eine Regulierung zu bewältigen hat. Dabei stößt man auf Probleme der Darstellung, die entweder diagrammatisch sind oder völlige Abstraktionen. Das war für mich auch der Punkt, an dem ich mich bewegen wollte. Einzelne Reliefs aus der Gruppe sind eher in der Nähe einer diagrammhaften Auffassung, können gerade noch wie ein Luftbild gelesen werden. Andere sind dann eigentlich soweit von den Darstellungen entfernt, dass es nur um das Problem geht, was das Bild für eine Territorialität bildet. Das ist dann kein shaped canvas, also aus dem Bild heraus geformt, sondern eine gerichtete, rechteckige Einheit, die mit grundlegenden Fragen des modernen Bildes korrespondiert, wo sich die Gestaltung ja oft nur auf die Begrenzung, auf den Raum bezieht, der vom Bild eingenommen wird.
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SBV: Auf der Einladungskarte zur Ausstellung sieht man allerdings eine konkrete Hochwasser-Situation?
FLORIAN PUMHÖSL: Ich kann das Formlose, das ja abwesend ist in der Ausstellung, nur darstellen, indem ich eine imaginäre Struktur vorgebe. Etwas musste ich dann schon sagen, um das Formlose überhaupt aktivieren zu können, wofür der Titel „Kanal“ steht. Auf der Einladung sieht man dann auf einer historischen Karte die Donau nach dem Hochwasser. Also eine Art Zwischenstadium zwischen Regulierung und uferloser Expansion. Das ist auch eine schöne Darstellung, weil die örtliche Beschreibung in dem Bereich liegt, wo das Wasser ist, das aber mehr beschrieben als gezeigt wird – was ja auch wieder eine Abstraktion ist.
SBV: Ist dein Thema hier dann auch das Wasser als Motiv?
FLORIAN PUMHÖSL: Wichtig war es mir, diese Darstellung des Hochwassers auch materiell und architektonisch zu überschreiben. In wichtigen Werken der Abstraktion gleicht eine Wasseroberfläche einer Bildoberfläche und dient als formloses Motiv. Ich verwende eine alltägliche, architektonische Form, um das darzustellen – auch durchaus im Hinblick darauf, dass das Schöne beispielsweise an suprematistischen Bildern die Synchronizität zwischen Ansicht und Aufsicht ist. Man kann zwischen Standpunkten wählen. Wenn man aus der Vogelperspektive die Form von Dächer beobachtet, sieht man, dass sie genau dieses fundamentale Problem lösen: Wie kann das Wasser den architektonisch geformten Raum passieren? Ein Dach ist eigentlich ein ausgetrocknetes Fluss- oder Kanalbett. Nach solchen Lösungen habe ich mich umgesehen: Wie löst ein Spengler das Problem, wenn ein potentieller Stau aufgelöst werden muss? Er macht eine Kante, dann eine Führung und legt es dann um, sodass das Wasser über die Dachrinne abfließen kann. Das fand ich eine entsprechende Situation.
SBV: Hast du dich deswegen für Metallplatten entschieden?

Florian Pumhösl, Kanal. Courtesy Galerie Meyer-Kainer. Foto Marcel Koehler

Florian Pumhösl, Kanal. Courtesy Galerie Meyer-Kainer. Foto Marcel Koehler

FLORIAN PUMHÖSL: Ja, ich habe erst Modelle gebaut aus gefalteten Blechen, um dann mit einem Spengler darüber diskutiert, wie er solche Situationen lösen würde, dass das Wasser abfließen kann. Das war auch nach den vielen Gipsreliefs eine schöne Übung.
SBV: Warum beschränkst du dich dabei auf ein relativ kleines Format?
FLORIAN PUMHÖSL: Für mich ist das ja schon ein großes Format. Ich arbeite seit Jahren mit einem bestimmten Formatmodul, das ein Zufallsfund war und das ich variiere. Es gibt für jedes Formatproblem eine bestimmte Proportion. Da im Fall von den Metallreliefs die Darstellung stark vertikal ist, war das Format logisch. Es sollte raumbildend, aber nicht monumental sein. Es sollte die Größe eines Buchs oder Landschaftsbildes verlassen, aber trotzdem nicht in der Größe architektonisch werden, wie die Rinnen von Beuys etwa. Es geht ja genau um den Zwischenbereich, wo es kein architektonisches Objekt ist, kein Bild, aber auch keine Skulptur.

Florian Pumhösl, Kanal. Courtesy Galerie Meyer-Kainer. Foto Marcel Koehler

Florian Pumhösl, Kanal. Courtesy Galerie Meyer-Kainer. Foto Marcel Koehler

SBV: Du unterrichtest ja gerade Malerei an der Kunstakademie München, bezeichnest du dich als Maler?
FLORIAN PUMHÖSL: Das ist für mich keine Frage, mich interessieren die abstrakten Bilder im 20. Jahrhundert. Ob ich dabei die Malerei weiterentwickle, als jahrhundertalte Domäne, steht für mich nicht im Vordergrund. Mich fasziniert, was mit dem Bild als Darstellungsmöglichkeit passiert, wenn es Autonomie gewinnt oder neue Darstellungsformen absorbiert, oder neue technische Möglichkeiten. Ich habe eine große Sympathie für die Zwischencharaktere, wie es ja auch das Relief ist. Das changiert zwischen einer klassischen und einer hybriden Form. Es ist nie klar, ob es der Architektur eingeschrieben wird als Tafel oder ob es ein ikonisches Bild ist.
SBV: Danke für das Gespräch!