Palais Liechtenstein: Kunst in den Damenappartments

25. Okt. 2021 in Ausstellungen

Begegnungen, Palais Liechtenstein, Wien. The Princely Collections Vaduz–Vienna

Begegnungen, Palais Liechtenstein, Wien. The Princely Collections Vaduz–Vienna

Einen „kleinen Neubeginn“ nennt Johann Kräftner stolz die „Begegnungen“ im Palais Liechtenstein. Es ist die erste Sonderausstellung der Fürstlichen Sammlungen seit langem. Denn im Jänner 2012 wurde der reguläre Museumsbetrieb im Gartenpalais in Wiens 9. Bezirk eingestellt. Zu wenig Besucher kamen. Seither gab es keine regulären Öffnungszeiten mehr, Besichtigungen waren nur innerhalb von Führungen zum Preis eines Einzeltickets zu 22,- Euro möglich. Zwar gilt dies auch weiterhin, aber vom 1.-31. März 2022 soll das Palais Liechtenstein den ganzen Monat bei kostenfreiem Eintritt geöffnet sein. Die Schau wird dann Fürst Joseph Wenzel von Liechtenstein zum 250. Todestag gewidmet sein.
Jetzt aber sind erst einmal bis zum 1. November lang rund 50 Werke im Erdgeschoß in den drei ehemaligen Damenappartments des Palais Liechtenstein neu präsentiert. Anlass ist das 100-Jahres-Jubiläum der fürstlichen LGT Bank, die zusammen mit der ETH Zürich die „LGT Artifact“ App entwickelten. Mit einem ipad oder auch auf dem eigenen Smartphone werden durch Gamification- und Storytelling-Funktionen der App die Geschichten in den Kunstwerken „zum Leben erweckt“, wie es Kräftner beim Presserundgang beschreibt. Vor den Werken stehend, kann man eine eingesprochene Einleitung anhören oder gleich zu Animationen übergehen: Giuseppe Arcimboldos aus Tieren zusammengesetzter Kopf in „Terra“ zerlegt sich da wie ein Puzzle in die Einzelteile und gibt Informationen zu jedem einzelnen Wesen. In Ignaz Raffals „Bootsfahrt nach dem Regen“ blitzt es plötzlich und in Anthonis van Dycks Portrait kann man Maria de Tassis neue Kleider anziehen. Es geht aber auch rein informativ wie bei Jakob Alt, einem der neuesten Ankäufe der Sammlungen: Zoomt man auf das dargestellte „Dreifrontenhaus“ am Neuen Markt, sieht man das heutige Stadtbild.
Die App ersetzt zum einen die kleinen Informationstafeln, die es hier im Haus nie gab, da solche Beschriftungen „einer fürstlichen Galerie nicht würdig sind“, wie Kräftner sagt. Zum anderen soll ein jüngeres Publikum für die Alten Meister begeistert werden. Solche Apps für Museen sind nicht gänzlich neu, hier aber können die Kurator*innen mit einem einfachen online-web-Editor ihre Geschichten selbst erzählen, betonen die Entwickler, die die App ab nächstem Jahr weltweit vermarkten wollen. Kleines Problem dabei noch: Wie lenkt man den Blick weg vom Monitor zurück auf die Werke?
Gartenpalais Liechtenstein, Wien, „Begegnungen“, 11.10.-1.11.2021
veröffentlicht in: Die Presse, 14.10.2021