Viennafair 2011

11. Mai. 2011 in Kunstmesse

Viennafair 2011

Ernst Happel Stadion.  Stadioncenter. Parkgarage. Parkdeck 3. Stock, Bereich C. Hier findet drei Tage lang die „Parkfair“ statt – Wiens erste Drive-In-Kunstmesse. 32 Künstler stellen hier aus und platzieren ihre Werke mehr als ungewöhnlich: Franz Graf verspannt seine Bilder zwischen den Säulen (ab 15.000,-), Christian Eisenberger legt seine Werke über die Rohre an der Decke und Brigitte Kowanz stellt ihre Leuchtstele über die gesamte Raumhöhe in den Raum (38.000,-). Das Parkhaus sei eine Schnittstelle zwischen öffentlich und privat, erklären die beiden Veranstalter von der Gruppe VATNC (Visible Audible Tangible Network Cloud), die selbst auch Künstler und Ausstellende sind. Diese ´Schnittstelle´ funktioniert ganz hervorragend, denn die wandbefreite Offenheit des Parkdecks und die direkte Zufahrt zur Ausstellung schaffen eine ganz besondere Atmosphäre, in der viel über die Wechselwirkungen der Arbeiten mit dem Ort und mit der Stadt gesprochen wird – und nebenbei verkauft werden kann.

Die Parkfair findet parallel zur Viennafair statt und ist nicht die einzige Off-Veranstaltung. In Gehdistanz vom Praterstern bietet die „One Before / Messe +“ im 3.Stock eines Mietshauses Werke von 25 KünstlerInnen an, die im Kettensystem ausgewählt wurden: eine schlug den anderen vor. Ein ähnliches Prinzip liegt auch der diesjährigen, 3. Jennyfair zugrunde: Sieben KünstlerInnen suchten je zwei KollegInnen aus. Nur 2 Minuten von der Hauptmesse entfernt, einmal quer über die Straße, kann hier absolut überzeugende, junge Kunst bei Preisen ab  800,- Euro entdeckt werden, etwa Wolfgang Lehrners faszinierendes Video: Im wogenden Rhythmus der Wellen geht ein Mann zum Ufer. Was er dort macht, ist kaum zu erkennen. Das ist auch unwichtig. Entscheidend ist die stille Schönheit dieser Szene, die Lehrner irgendwo in Hongkong aufgezeichnet hat (1000,-).

Anders als auf der Hauptmesse organisieren und verkaufen hier die KünstlerInnen selbst. Die dritte Parallelveranstaltung wählt ein Mittelding: Ausgewählt wurden die KünstlerInnen, aber ausgestellt werden sie von ihren Galeristen, die für die Beteiligung an „Fruits, Flowers and Clouds“ in der Ausstellungshalle des MAK je 1000,- Euro zahlen. Veranstaltet von der Kunstzeitschrift Spike, beginnt diese Messe heute (Donnerstag) zeitgleich mit all den curated by-Galerien-Eröffnungen.

Das Hauptereignis dieser Tage aber ist natürlich die Viennafair, die heuer mit deutlichen Verbesserungen überzeugt: Beim Eintritt in die Halle A steht man vor einer langen, leeren, weißen Wand – denn diese 7. Viennafair präsentiert sich als „white cube“, als vom Umraum abgegrenzte Zone, die fast wie eine kleine Stadt strukturiert ist. Innerhalb dieser Stadtmauer zeigen 127 Aussteller, davon 50 Galerien aus Österreich, 26 aus Westeuropa und 45 aus Ost- und Südosteuropas Werke von über 1000 Künstlern in einer offenen, großzügigen Ausstellungsarchitektur. Die Gänge sind mal enorm breit, dann wieder schmaler, die Stände offen, manchmal nur aus einer Wand bestehend oder auch ausschließlich als Skulpturenpark im freien Raum wie die Galerie Senn mit Tomasz Kowalski. Dazwischen immer wieder große Plätze und immer wieder leere, weiße Wände. Haben hier Galerien abgesagt oder ist es eines der Konzepte der beiden Messeleiter, um ihre „marktferne“ Grundhaltung zu betonen? Auf jeden Fall wirkt es wie ein falsches Zeichen. Auf einer Messe möchte man Kunst sehen, keine leeren Wände.

Aber ansonsten haben Hedwig Saxenhuber und Georg Schöllhammer als neues Messeteam einen fulminanten Start hingelegt. Denn die Qualität der ausgestellten Werke ist nicht nur durchgehend hoch und variationsreich, sondern vor allem global und jung – und dies gilt für nahezu alle Stände und auch für die älteren Künstler. Ob im Schwerpunkt Istanbul mit vier hervorragenden Galerien, in der „Zone 1“ mit den Einzelpräsentationen oder den „Temporary Sales“, die Initiativen und Labors aus Zentralasien einen Auftritt ermöglichen – die Viennafair holt die Welt nach Wien.

Parkfair, Stadion Center, Olympiaplatz 2, Parkdeck, Ebene 3, 11.-13.Mai, 13-22 Uhr

Jennyfair, Ausstellungsstr. 53, 11.-15.Mai, 13-22 Uhr

Fruits, Flowers and Clouds, MAK, Weiskirchnerstr. 3, 13-21 Uhr

Viennafair, Messe Wien, Halle A, Messeplatz 1, 12.-15.Mai, 11.00-19.00 

veröffentlicht in: Die Presse, 11.5.2011