50. Art Brussels 2018

27. Apr. 2018 in Kunstmarkt, Kunstmesse

Art Brussels 2018, Foto David Plas

Art Brussels 2018, Foto David Plas

Köln oder Brüssel – in diesem Jahr mussten sich die Galerien entscheiden. Denn die beiden nur zwei Autostunden voneinander entfernten Kunstmessen Art Cologne und Art Brussels laufen heuer gleichzeitig. Nachdem die Art Cologne im letzten Jahr mit dem Berliner Gallery Weekend kollidierte, wich die rheinländische Kunstmesse heuer auf genau jenen Termin aus, der von der Art Brussels belegt wird.

Art Brussels Direktorin Anne Vierstraete, Foto David Plas

Art Brussels Direktorin Anne Vierstraete, Foto David Plas

Am Anfang wäre sie irritiert gewesen, verrät Anne Vierstraete. Aber bald entschied sich die Art Brussels-Direktorin zur Zusammenarbeit mit Köln. „Wir haben im Vorfeld vor allem den Sammlern aus Asien und USA stark kommuniziert, dass die Messen nur zwei Autostunden voneinander entfernt sind, haben einige auch nach Köln gefahren.“ Und das Konzept funktioniert perfekt. Schon während der Voreröffnung am Vormittag drängten sich die Sammler aus aller Welt durch die Gänge in den hellen Tour & Taxis-Hallen. Während der Voreröffnung kamen  10.000 Gäste, allein in der exklusiven Zeit zwischen 11 und 16 Uhr waren es 3400 Sammler.

Galerie Rodolphe Janssen, Foto Art Brussels

Galerie Rodolphe Janssen, Foto Art Brussels

Es ist die 50. Ausgabe, an der 148 Galerien aus 32 Ländern teilnehmen, darunter die Rekordzahl von 46 Galerien aus Belgien. „Das ist unser Jubiläumsgeschenk “, erklärt Vierstraete, „um die hohe Qualität und Vielschichtigkeit im Land zu zeigen.“ Zum 3. Mal findet die Messe jetzt in den lichtdurchfluteten Tour & Taxis-Hallen im Stadtteil Molenbeek statt. Vergessen sind die Anfangsschwierigkeiten, als 2016 in diesem Stadtteil Bomben hochgingen und der Name Molenbeek weltweit für Terror stand. Jetzt ist dieser nördliche Teil von Brüssel Stadtentwicklungsgebiet, neue Hotels und Quartiere entstehen hier am Willebroek Kanal. „In fünf Jahren wird man die Umgebung nicht mehr als Randgebiet wahrnehmen“, prognostiziert Vierstraete.

Antoine Laurentin in der Rediscovery-Sektion. Foto Art Brussels

Antoine Laurentin in der Rediscovery-Sektion. Foto Art Brussels

Auch die Messe hat sich entwickelt und mit dem neuen, eleganten Eingangsbereich und den blauen Teppichen in den Gängen ihren Stil gefunden. Inhaltlich setzt die Art Brussels noch stärker auf junge Kunst, in der Sektion Discovery nehmen 33 Galerien teil. Denn die Art Brussels definiert sich seit der Gründung 1968 als Entdeckermesse. Geschrumpft dagegen ist die Zahl der Rediscovery-Teilnehmer. Waren es 2016 noch 15, sind es heuer nur mehr vier Galerien, darunter die Galerie Antoine Laurentin mit den leicht bekleideten, sonnengebräunten Damen im Liegestuhl von Jaques Verduyn (85.000) als fröhliche Hommage an die 1960er und ´70er in Belgien. Verliert sich vielleicht langsam das Interesse an dem rückwärtsgewandten Blick? „Diese Sektion ist für Galerien wirtschaftlich eine Herausforderung“, räumt Vierstraete ein. Andererseits werden ältere Positionen mittlerweile selbstverständlich in die Stände eingegliedert, wie die beschwingten Bildreliefs von Nikolai Kasak, die er in den 1940er Jahren in New York als Antwort auf Piet Mondrians Abstraktionen schuf (Galeria de las Misiones, Montevideo). Außergewöhnlich hier auch die kleinen Holzspielzeuge: Kasak hatte 1935 eine in New York ein Geschäft für Spielzeuge begonnen, ein Feuer zerstörte dann kurz vor Weihnachten seine gesamte Produktion, kaum etwas blieb übrig (ab 40.000). Oder die Skulpturen aus den 1970er Jahren des 1925 geborenen, griechischen Bildhauers Takis bei Xipas (ab 80.000).
Stabil ist die Zahl der Solo-Stände, die ein tieferes Verständnis von neuen Namen ermöglicht.

Geukens de Vil mit Sofie Muller. Foto Art Brussels

Geukens de Vil mit Sofie Muller. Foto Art Brussels

Herausragend hier der Stand der belgische Galerie Geukens & De Vil, die gleich das ganze Atelier von Sofie Muller aufbauten. Die belgische Künstlerin fertigt ihre sehr bewegenden „mentalen Portraits“ aus Alabaster, das Material erinnert mit den Venen-ähnlichen Strukturen an Haut, Unebenheiten erscheinen wie Wunden. Auffallend ist heuer, dass nahezu jede Galerie auch Skulpturen mitgebracht hat, bei Krinzinger ein Werk von Gironcoli, Galerie Raum mit Licht zeigt Skulpturen von Roman Pfeffer und Mario Mauroner die große Figur „Shelter“ von Manfred Erjautz. War es eine schwierige Entscheidung zwischen Köln und Brüssel? „Die Art Cologne ist eine sehr deutsche Messe, wir brauchen ein internationales Umfeld“, betont Galerist Mauroner. Ähnlich argumentiert auch die Berliner Galerie Kuckei & Kuckei, die Guy Tillims Fotografien von afrikanischen Kindersoldaten (80.000) mitgebracht hat: „Über Köln denken wir schon lange nicht mehr nach, wir gehen auf internationale Messen.“
veröffentlicht in: Die Presse, 20.4.2018
50. Art Brussels, Tour & Taxis, Brüssel, 19-22 April 2018-04-20