Richard Prince im Kunsthaus Bregenz

23. Aug. 2014 in Ausstellungen

Richard Prince: It’s a Free Concert, Ausstellungsansicht EG, Foto: Markus Tretter, © Kunsthaus Bregenz

Sein Name steht für die New Yorker Kunst der 1980er Jahre, seine abfotografierten Cowboys, einst das Verkaufsmotiv einer Zigarettenmarke, und seine Witz-Bilder erzielen Höchstpreise auf Auktionen. Der 1949 geborene Richard Prince ist ein Starkünstler – auch wenn man eigentlich nie so recht verstanden hat, wieso gerade diese banalen Bilder solch einen Weltruhm erlangen konnten.

Richard Prince, Kunsthaus Bregenz, Foto M. Tretter

„Die Potenz der Arbeit liegt in ihrer eklatanten Seichtheit“, ist im Katalog des Kunsthaus Bregenz zu lesen. Dort findet gerade Prince´ erste große, institutionelle Personale in Österreich statt. Seichtheit? Diese Beobachtung würde jedenfalls zu der Vermutung passen, dass Millionen von Dollar investierende Kunstkäufer lieber Banales als komplexe, mit verzweigten Verweisen gespickte Werke kaufen. Aber die „Seichtheit“ hier ist positiv gemeint, der Katalogautor will uns damit den Weg zu Prince´ Werk ebnen. Wird hier ein Makel schöngeredet oder kann Banalität tatsächlich positiv verblüffen?

Richard Prince, Untitled (Cowboy), 1989

Prince´ Konzept basiert darauf, sich einige der im kollektiven Bildergedächtnis allseits bekannten Motive ´anzueignen´. „Appropriation Art“, also ´Aneignungskunst´, hieß diese Tendenz in den 1980ern. Der holprige Begriff konnte sich nie durchsetzen, die Methode jedoch verfolgt Prince bis heute. Anfangs fotografierte er einen einsamen Cowboy aus der Werbung ab, der durch die Prärie reitet. Ohne das Logo und die Schrift der Zigarettenmarke holte Prince das Werbe-Motiv in die Welt der Bilder zurück. Später schrieb er frivole, oft politisch keineswegs korrekte oder auch wenig witzige Witze mitten auf riesige, leere Leinwände: „Mein Arzt riet mir, mein Trinken zu beobachten. Seither trinke ich vor dem Spiegel.“ Gerne greift Prince auch softpornografische Fotografien auf, die er teilweise mit Schrift überklebt oder mit Bildern von Protestierenden kombiniert.

Einiges davon ist auch in Bregenz zu sehen, allerdings in einem Arrangement, dass mehr als verwundert. Auf jeder Ebene stehen fahruntüchtige Autos, Chevrolet El Camino und Buick Grand National. Manche sind in Skulpturen verwandelt, die Motorhaube scheint in eine Box einbetoniert. Andere Autos sind mit Bildern von sich räkelnden, halbnackten Mädchen bedruckt. An einer Wand hängt eine Motorhaube, ein Ring darauf reicht aus, um das Autoteil als Basketballkorb zu assoziieren. Gegenüber hängen eng nebeneinander vier Autotüren. „The Doors“, also ´Türen´, ist der banale Titel. Eine Fotografie weist den Weg zum Verständnis, darauf sehen wir Jim Morrison, Sänger der legendären, vierköpfigen Band „The Doors“. Mit jeder weiteren Arbeit auf den vier Ebenen des Kunsthaus Bregenz wird es deutlicher: Hier geht es um Mythen und Motive der US-amerikanischen Alltagskultur, banale Elemente, ja. Aber gebrochen, umgedeutet, demoliert.

„It´s a free concert“ betitelt Prince seine Schau, in der er rund um die einst legendären Autos ähnliche legendäre Größen der Popmusik arrangiert: Unten die Doors, oben eine riesig vergrößerte Unterschrift von Jimi Hendrix, dazu Fotografien der Bands des Doo Wop genannten Musikstils der 1950er bis 60er Jahre.

Richard Prince, Untitled (Doo Wop), 2013, Photomil, Foto: Dietrich Gehring © Richard Prince

Die allerdings hat Prince in Regale verwandelt: In kleinen Einbuchtungen stehen Shampoo oder Parfum. Diese Musik als Ausdruck einer Sehnsucht nach einer heilen Welt ist zum Werbeträger geworden – eine Umkehrung seiner frühen Cowboy-Bildmethode, als er das Bildmotiv von der Werbung befreite.

Mit einfachen ´Aneignungen´, das zeigt diese Ausstellung deutlich, gibt sich Prince heute nicht mehr zufrieden. Stattdessen erzeugt er in Bregenz mit seinen Verfremdungen ein merkwürdiges Unbehagen. Hier scheinen verborgen-verbotene Sehnsüchte rausgekramt und dann betoniert zu werden. Von Seichtheit keine Spur. Stattdessen legt Prince ein Labyrinth von Verweisen und Assoziationsangeboten an, was ein eindeutiges Verständnis verunmöglicht. Und die Banalität trifft durchaus auf das Ausgangsmaterial zu. Seine in Bregenz inszenierten Werke jedoch zeigen Richard Prince als überzeugenden Bildhauer, der in einer Kühlerhaube oder einem Autoreifen eine skulpturale Herausforderung findet und in den Türen die zerlegten Träume einer vergangenen Generation.

Richard Prince, Foto: Rudolf Sagmeister. © Kunsthaus Bregenz

Richard Prince, Kunsthaus Bregenz, 19.7.-5.10.2014

veröffentlicht in: Die Presse, 21.8.2014