41. Art & Antique Salzburg

24. Mrz. 2016 in Kunstmesse

Alfons Walde, Aufstieg. Kunsthandel Freller, Linz

Alfons Walde, Aufstieg. Kunsthandel Freller, Linz

Zwei Jahre lang verbrachte er täglich mindestens eine Stunde damit, diesen besonderen Schrank zu suchen. Kurz vor der 41. Art & Antique Salzburg wurde er in Italien fündig: „Burgtresor“ nennt der Linzer Antiquitätenhändler Ludwig E. Wimberger das 200 Kilo schwere, seltene Stück. Es besteht aus einem Holzkern mit Spitznieten, die wie kleine Halbkugeln über den Schrank verteilt sind, dazu kleine Sterne als Verzierung. Die drei fetten Schlösser lassen ahnen, dass hier nicht Gewand oder Geschirr gelagert wurde. Es ist ein Tresor, den sich wohlhabende Bürger um 1680 anfertigen ließen und dann in einer Bank deponierten – eine Art barockes Schließfach. Jetzt steht es für 32.500,- Euro zum Verkauf – und war schon am Eröffnungsabend reserviert.

Antiquitäten

Burgtresor, um 1680, 32.500,- Euro. Kunst und Antiquitäten Ludwig E. Wimberger, Linz

Überhaupt verzeichnen die vierzig Aussteller ein reges Interesse. Bei Anton Figl aus St. Pölten ließen sich schon ein Dutzend Messebesucher die genauen Maße eines außergewöhnlichen Jagdschranks geben.

Jagdschrank, um Antiquitäten und Bildergalerie Figl, St. Pölten

Jagdschrank, um 1790, 22.000,- Euro. Antiquitäten und Bildergalerie Figl, St. Pölten

Aus einem bayrischen Schloss stammt diese Antiquität. Farbig gefasst und marmoriert, mit beschnitztem Zopfmuster, zwei Kassettentüren und originalen Beschlägen, ist der besondere Clou die Bemalung: vier Jagdszene zeigen eine Hirsch- und eine Eberjagd, aber auch ganz idyllisch das Schloss des Auftraggebers. Der Schrank entstand 1790 in einer Zeit, als eine Zurück auf´s Land-Bewegung eine Mode entfachte, für die in sehr hochwertiger Qualität Bauernmöbel nachgebaut wurden. Figl bietet das 178 x 67 x 185 große Stück für 22.000,- an. Außergewöhnlich ist auch die spätgotische Mondsichel-Madonna.

Mondsichel-Madonna,

Mondsichel-Madonna, 125.000,- Euro. Antiquitäten Figl

Sie steht auf einer Mondsichel, in der man ein Gesicht erkennt – wahrscheinlich der Heidenkönig, den sie durch ihre göttliche Reinheit zerstört. Es ist ein Frühwerk von Lienhardt Astl, was man an den für Astl typischen Details in den Gesichtern und dem Faltenwurf des Gewands erkenne, erklärt Figl. 125.000,- kostet die Madonna, der Hl. Sebastian dagegen ist für 38.000,- zu haben. Diese Holzskulptur stammt wahrscheinlich von einem spätgotischen Altar. Damals entfernten die Pfarrer die Heiligenfiguren und gaben neue Werke in Auftrag. Bauern kauften das Ausrangierte auf und hängten es als Schutzpatron unter dem Dach auf, so auch dieser Hl. Sebastian, denn man sieht die Verwitterung und noch Spuren der einstigen goldenen Farbe.
Solche hochwertigen Objekte verwandeln den Rundgang über die Art & Antique in eine spannenden, kunsthistorische Ausbildung. In den vierzig Ständen sehen wir immerhin Zeugen einer Zeitgeschichte, die mit einem Buckelrind aus dem vorderasiatischen Mesopotamien dem Jahr 3000 v. Christus beginnt (Blue Elephant, Schweiz) und bei zeitgenössischer Kunst endet. Dazwischen begeistern Meisterwerke der Möbelkunst um 1800, die meist im vierstelligen Bereich liegen. Die Epoche mit den vielen, unterschiedlichen Stilbezeichnungen wie Empire, Biedermeier oder Zopfstil ist noch immer unterschätzt, obwohl gerade diese Objekte ästhetisch gut in unsere Zeit passen. Stilistisch an der Antike orientiert, handwerklich oft brillant, sind die Möbel zurückhaltend und elegant. Exaltiertheit war damals verpönt.

Andy Warhol, Mick Jagger, Gerald Hartinger Fine Arts, Wien

Andy Warhol, Mick Jagger, Gerald Hartinger Fine Arts, Wien

Deutlich im Kommen ist die Malerei des 19. Jahrhunderts, die auf der Messe stark vertreten ist – wie überhaupt die Wanddekorationen mehr und mehr die Möbelkunst verdrängen. Das deutlich am stärksten wachsende Messesegment ist die zeitgenössische Kunst. Gerald Hartinger aus Wien hat von Andy Warhol den Mick Jagger-Seibdruck, das Welser Kunsthaus Wiesinger bietet eine Serie der vier Skulls-Siebdrucke des Pop-Art-Stars in einer Auflage von 50 aus dem Jahr 1976 für 212.000,- an; die Wiener Galerie Ernst Hilger, die erstmals teilnimmt, hat die wilden Fantasien des isländischen Malers Erró mit. Natürlich darf Alfons Walde nicht fehlen, und die Wiener Galerie Schütz zeigt chinesische Kunst, etwa Wu Shaoxiangs weiblichen Torso. Der ist aus alten, aneinander gelöteten Schillingmünzen gebaut und kostet 98.000,- Euro.
Was man für diese Summe alles an kleinen historischen Schätzen erwerben kann! Eine Kruzifix-Uhr von 1620 mit einer sich drehenden Kugel über der Jesusfigur (25.000,-, Lilly´s, Wien). Dazu passt das Mahagoni Ladenkästchen um 1780 (4.600,- bei Schlauer, Krems) und wer es gerne üppig mag, findet am Stand der Galerie Bei Der Albertina/Zetter Putti mit Füllhörnern von Bertold Löffler (58.000,-) oder den barocken Engel von 1770 bei Moskat Walter (8000,-).
Dort steht auch ein auffallend kleiner, eleganter Bauernschrank (4.500,-) – kauft denn heute überhaupt noch jemand diese eher groben Möbel? Darauf hat der Händler eine eindeutige Antwort: „Solche besonderen Stücke ja, aber Durchschnittliches geht nicht mehr.“ Und Uhrenspezialist Kristian Scheed ist sich sicher: „Das Kunsthandwerk ist heute deutlich unterpreisig – ein guter Moment, um sein Geld in hochwertigen Antiquitäten anzulegen.“

Art & Antique, Residenz Salzburg, bis 28.März
veröffentlicht in: Die Presse, 24.3.2016