Robert Longo, Untitled (Russian SU-27 Fighter), 2014. Galerie Thaddaeus Ropac
Größer geworden seien sie nicht, nur die Flächen seien heuer neu verteilt, erklärte Daniel Hug zum Auftakt der 49. Art Cologne. Hug ist Leiter dieser ältesten Kunstmesse der Welt. 1967 als „Kölner Kunstmarkt“ gegründet, waren Anfangs nur deutsche Galerien zugelassen. Heute stellen auf der Messe Galerien aus der ganzen Welt aus, auf der 49. Ausgabe sind es 209 Teilnehmer aus 23 Ländern. 700 hätten sich beworben, betont Hug – und darauf kann er stolz sein.
Ernst Ludwig Kirchner, Scene aus dem Sommernachtstraum, 1937. Samuelis Baumgarte Galerie
Denn als er die Messe 2008 übernahm, hatte die Messe ihren Ruf verloren: Mit 390 Teilnehmern war die Veranstaltung viel zu groß geworden, worunter Qualität und Übersichtlichkeit litten. Hug schränkte sofort die Teilnehmerzahl massiv ein, suchte eine besser geeignete Halle auf dem Messegelände und schaffte es in kurzer Zeit, wichtige Platzhirschen wie Michael Werner und Sprüth Magers zurück zu gewinnen.
Dora Maurer, Seven Twins, 1979.
Heuer hat Hug die Struktur noch weiter optimiert, und das bekommt der Messe enorm gut: In Eingangshalle ist eine beachtliche Sonderschau zur ungarischen Konzeptkunst aufgestellt, kuratiert von drei Budapester Galerien. Ein Höhepunkt ist Dora Maurers Fotografie „Sieben Drehungen“ – ein typisches Werk ihrer Serie der Formverschiebungen. Vor allem aber hat Hug eine neue Hallenstruktur durchgesetzt: Statt zwei gibt es jetzt drei Bereiche in der Halle 11. So führt eine Rolltreppe nach unten in die Halle für die Klassische Moderne. Hier findet sich hochgradige Qualität, darunter auch das teuerste Werk der Messe, Ernst Ludwig Kirchners „Szene aus dem Sommernachtstraum“, das er ein Jahr vor seinem Tod malte (7,59 Millionen Euro, Samuelis Baumgarte aus Bielefeld). Von Kirchner ist nicht mehr viel auf dem Markt, dementsprechend hoch ist auch der Preis für Kirchners Aquarelle, die Düsseldorfer Galerie Ludorff bietet ein kleines Blatt des Malers für 145.000,- Euro an. Wie günstig dagegen sind einige Schritte weiter die Drucke von Gerd Arntz.
Gerd Arntz, Krise, 1931/72. Galerie Valantien
Der Künstler und Graphiker entwickelte die „Wiener Methode der Bildstatistik“, um mit Piktogrammen komplexe Sachverhalte leicht verständlich aufzubereiten. Diese schematischen Bildsymbole begegnen uns bis heute auf Schildern, die den Ausgang anzeigen, auf Gefahren hinweisen und Wetterverhältnisse darstellen. Ein Atelierbrand vernichtete den Großteil seines Werkes, aber einige gesellschaftskritische Holzblöcke blieben erhalten. Die nach dem letzten Druck bunt bemalten Vorlagen kosten ab 35.000,- Euro, die Drucke liegen zwischen 150,- bis 3000,- Euro (Galerie Valentien, Stuttgart).
Tony Cragg
In der mittleren, größten Halle wird die etablierte, zeitgenössische Kunst angeboten, darunter auch von elf Galerien aus Österreich. Gleich am Eingang beeindruckt bei Thaddaeus Ropac (Salzburg, Paris) eine Kohlezeichnung von Robert Longo: Ein Militärflugzeug fliegt direkt auf den Betrachter zu. Im Format 160 x 304 ist „Russian SU-27 Fighter“ (400.000,- Euro) zugleich wunderschön und extrem bedrohlich – eine düstere Vorahnung? Wunderschön die intensiven Waldfotografien von Bae Bien-U, überraschend die neuen Arbeiten von Zena el Khalil am Stand von Giorgio Persano, Tücher mit aufgestickten Texten (4000,- Euro).
Zena el Khalil, From Mirfaq to Vega, Giogrio Persona
Bae Bien-U, Axel Vervoordt Gallery
Insgesamt aber dominiert Kunst aus Deutschland: „Die Art Cologne ist die wichtigste Messe in Deutschland und die Sammler kommen hier her, um deutsche Kunst zu kaufen“, erklärte Hug. Vieles ist von höchster Qualität, vieles aber auch Harmlos-Dekorativ, darunter Künstler-Teppiche von Tony Cragg, Stephan Balkenhol, Günther Förg (Deweer Gallery, ab 3800,- Euro) bis zu den erschreckend weit verbreiteten Mengen an seichter, abstrakter Malerei.
Im oberen Stockwerk sind dann die jungen Galerien zusammengefasst, die weniger als zehn Jahre bestehen, und die „Collaborations“. Die Sorge einiger Aussteller, die Besucher könnten den Weg hierher vielleicht nicht finden, erwies sich schnell als unbegründet – im Gegenteil. Die Ruhezonen wurden bald genutzt, an vielen Ständen konnten intensive Gespräche beobachtet werden. Große Aufmerksamkeit erhielt der Auftritt der Jacky Strenz Galerie aus Frankfurt. Denn hier waren die wilden Bilder von Max Brand kombiniert mit Skizzen und Zeichnungen von Wilhelm von Kaulbach, einem deutschen Künstlerstar des 19. Jahrhunderts. Größer könnte der Kontrast kaum sein: Kaulbachs präzise Menschendarstellungen und die bunten, gekritzelten Welten des 1982 geborenen Malers. Und doch funktionierte die Zusammenstellung hervorragend – ein Modell für zukünftige Messe-Experimente?
49. Art Cologne, Köln, 16.-19. April 2015