50. Art Cologne

18. Apr. 2016 in Kunstmesse

Gerrit Frohne-Brinkmann, Galerie Jürgen Becker // SBV

Gewinner des Förderpreises: Gerrit Frohne-Brinkmann, Galerie Jürgen Becker // SBV

Am Mittwoch um zwölf Uhr sperrte die Messe auf. Fünfzehn Minuten später waren die Gänge gefüllt. Man kennt sich, steht in Gruppen zusammen, begrüßt freudig die Galeristen, lässt sich beraten, ist begeistern.

Jörn Stoya, Galerie Petra Rinck

Jörn Stoya, Galerie Petra Rinck

Die Art Cologne ist wie ein großes Familientreffen, denn das Sammeln von Kunst hat im Rheinland eine lange Tradition – und das wird heuer gefeiert. Es ist das 50. Jubiläum der Kunstmesse. Kann man sich heute noch vorstellen, wie radikal der Schritt 1967 aus der Galerie heraus in die öffentliche Verkaufspräsentation war? In einer kleinen Ausstellung mit Fotografien sehen wir die enge Präsentation, die noch weit weg war von der professionellen heutigen Messearchitektur. Damals hagelte es große Kritik an der unverhohlenen Kommerzialisierung auf der „Kunstmarkt67“ genannten Veranstaltung – die trotzdem in einzigartiger Weise zu einem bis heute weltweit kopierten Erfolg wurde.

Art Cologne 2016 // SBV

Art Cologne 2016 // SBV

Aber nicht immer sah es rosig aus. Kurz nach der Jahrtausendwende befand sich die Art Cologne auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit. Damals wanderten Galerien und Künstler scharenweise nach Berlin ab, die Sammler folgten ihnen. Der Kunststandort am Rhein schien tot. Mittlerweile ist der Hype um die neue Hauptstadt deutlich abgeflaut und die Messe erhielt unter der Leitung von Daniel Hug in den letzten sieben Jahren wieder ein klares Profil: Mit 219 Galerien aus 24 Ländern ist es die wichtigste deutsche Kunstmesse, die mit 14 „New Positions“ für junge Kunst und mit 29 „New Contemporaries“, also Galerien, die nicht älter als zehn Jahre sind, viel zum Entdecken bietet. Diese Sektion ist von der Deutschen Bank gesponsert, die hier auch jedes Jahr einkauft – und statt einer Lounge heuer zum Jubiläum eine spannende Ausstellung beiträgt. „Wir haben 300 Werke aus dem Jahr 1967 in unserer Sammlung,“ erklärt Friedhelm Hütte, Leiter der Kunstabteilung. Ausgewählt hat er Papierarbeiten von Arnulf Rainer über Markus Lüpertz, Günter Fruhtrunk – der übrigens das Logo von der Supermarktkette Hofer bzw. Aldi entwarf – bis zu Johannes Grützke und Roy Liechtenstein: die Kunst war damals weitaus facettenreicher, als wir es heute erinnern.
Als größten Erfolg der diesjährigen Messe nannte Leiter Hug auf der Pressekonferenz die Rückkehr einiger der „wichtigsten Galerien“: Ex-Kölner Max Hetzler, Rüdiger Schöttle aus München und auch die Wiener Galerie Krinzinger. Ursula Krinzinger freut sich, wieder am Rhein zu sein. Aber sie ist zurückhaltend, „Deutschland ist ein für österreichische Galerien schwierig einzuordnender Markt,“ erklärt sie. Trotzdem nehmen hier elf österreichische Galerien und Kunsthändler teil – mehr als an jeder anderen Messe.

Fritz Panzer, Galerie Krobath

Fritz Panzer, Galerie Krobath

Bei Krobath sind die Drahtzeichnungen von Fritz Panzer und Möbel von Esther Stocker zu sehen (ab 4000), Christine König Galerie konnte für die Werke von Andreas Duscha eine der begehrten Förderkojen gewinnen und Andreas Huber (Wien) zeigt Collagen der Performance Künstlerin Carola Dertnig. In ihre Collagen kombiniert sie Ausschnitte aus gefundenen Fotografien und legt darüber eine graphische Struktur, die an choreographierte Bewegungen erinnert (ab 5000) – denn sie interessiert die Frage, wie man Kunst vor Publikum in ein Bild übertragen kann. Große Nachfrage gab es für die vasenähnlichen Keramiken von Sonia Leimer am Stand der Galerie Nächst St. Stephan.

Sonia Leimer, Galerie Nächst St. Stephan // SBV

Sonia Leimer, Galerie Nächst St. Stephan // SBV

Ein unscheinbarer Schlitz gibt diesen Objekten einen herausfordernden Dreh: „Spardosen“ heißen die Skulpturen, eine humorvolle Antwort auf die Tendenz, Kunst als Investment zu kaufen. Würde die Spardose geleert, wäre sie zerstört.

Katharina Grosse bei Nächst St. Stephan // SBV

Katharina Grosse bei Nächst St. Stephan // SBV

Bei Nächst St. Stephan hängt auch das stolze 396 x 756 große, farbintensive Werk der in Düsseldorf lebenden Künstlerin Katharina Grosse – es ist das größte Bild der Messe, ein gelungener Blickfang für die Galerie. In scharfem Kontrast dazu hat die Pariser Galerie Perrotin einen trivialen Anziehungspunkt platziert: „Lisa“ liegt dort lebensecht und völlig nackt auf einem Podest. An John De Andreas Figur sind aber nur die Haare echt, die Figur ist aus Bronze. Vielen war die Skulptur eher ein schnelles Foto als eine Nachfrage wert.

Yajoi Kurusama, Gallery David Zwirner // SBV

Yajoi Kurusama, Gallery David Zwirner // SBV

Einen Verkauf schon wenigen Sekunden nach der Voreröffnung teilte dagegen die New Yorker Galerie David Zwirner mit: der riesige, gelbschwarz gepunktete Kürbis von Yajoi Kusama für 750.000 Dollar – ein Objekt, dass es marktfreudig in vielen verschiedenen Größen gibt. Das kleine Bronze-Wildschwein von Sherie Levine dagegen wartet noch auf einen Käufer. Vielleicht ist diese Kopie eines Werkes des Pariser Künstlers Victor Chemin doch zu harmlos dekorativ, trotz der konzeptuellen Aufladung durch die in den 19080er Jahren „Appropriation“ genannte Methode der Aneignung.

Sherrie Levine, Gallery David Zwirner

Sherrie Levine, Gallery David Zwirner

Anders als in den letzten Jahren ist heuer die Abteilung für Handel und 20. Jahrhundert in der untersten Halle eine rechte Enttäuschung. Zwar finden sich wieder preisgewaltige Werke wie Marc Chagalls Zirkusszene für 5.5 Mio, aber insgesamt gibt es wenige Höhepunkte.

Donald Baechler, 2014. Gallery The Hole, New York // SBV

Donald Baechler, 2014. Gallery The Hole, New York // SBV

Damit spiegelt sich auch auf der Art Cologne die derzeitige Konzentration auf Zeitgenössisches wider – manchmal mit Überraschungen: Da bietet etwa The Hole aus New York Papierarbeiten von Donald Baechler für nur 9000 Dollar an, obwohl Baechler in den 1980er Jahren ein Superstar war. Und der Düsseldorfer Kunsthändler Schönewald hat den Maler Heinz Butz wiederentdeckt, der schon in den 1960er Jahren überraschend konzeptuell mit Leinwänden experimentierte.
So gelungen die diesjährige Jubiläumsausgabe der Art Cologne auch ist – ein Wehmutstropfen liegt über der Veranstaltung. Denn wegen des späten Oster-Termins wird die Messe 2017 Ende April kurz vor dem Berliner Gallery Weekend öffnen. Sollen wir uns an dem Wochenende zerteilen, fragen sich die rund zwanzig betroffenen Berliner Galerien? Sollen ihre Messestände am Wochenende ohne Galeristen auskommen? Wird es deswegen Absagen geben? Nicole Hackert von CFA sieht das gelassen, und auch Berta Fischer, die seit dem Tod ihrer Mutter seit 2015 die Konrad Fischer Galerie führt, wird deswegen sicher nicht absagen, erklärt sie, „aber es ist unangenehm.“ Hug bleibt ganz unaufgeregt, denn es betreffe ja nur eine geringe Menge der Messeteilnehmer – man werde bestimmt eine Lösung finden. Und die angereisten Sammler werden sich sicher über die Verdichtung im Terminkalender freuen.
50. Art Cologne, 13.-17.4.2016
veröffentlicht in: Die Presse, 17.4.2016

P.S:: Kurasama gib es auch gülden – im März auf der Art Dubai:

Yayoi Kurasama, Art Dubai 2016 // SBV

Yayoi Kurasama, Art Dubai 2016 // SBV