6. Art Dubai 2012

26. Mrz. 2012 in Kunstmesse

Nachbericht 6. Art Dubai – Fortschritt trotzt Zensur

Art Dubai. Vom 21. bis 24. März 2012

Nicht das geringste Detail darf die Hoheiten auf den Pressefotos während ihres Messerundgangs in Bedrängnis bringen. Und so sorgt die Polizei, die die Stände der 6. Art Dubai vor Eröffnung überprüft, denn auch schnell für die Entfernung einiger Werke.

Bei der ortsansässigen Galerie ArtSpace, die ihren Stand im letzten Jahr dem Arabischen Frühling widmete, werden gleich zwei Bilder beanstandet: Zakaria Ramhanis (Marokko) Umdeutung jenes berühmt gewordenen Fotos der ägyptischen Polizisten, die eine halbnackte Frau treten, und Shadi Al Zaqzouqs (Palästina) Porträt einer jungen, vermummten Frau, die eine riesige Männerunterhose in der Hand hält. „Geh“ steht darauf geschrieben. Ein programmatisches Motto, denn dieses Jahr sollten die Werke von den Folgen und Nachwirkungen der politischen Bewegungen, dem neuen Selbstbewusstsein der Frauen und der Brutalität der Regime handeln. Der Polizei jedoch war die Sache zu heikel, einem Sammler aus Kuwait hingegen Alzaqzouqs Werk sofort 30.000 Dollar wert.

 

Auch der Stand von Carbon 12, ebenfalls aus Dubai, fällt den strengen Ordnungshütern auf, steht doch auf den Landkarten des Künstlers Ghazel in winzigen Buchstaben „Persischer Golf“ – statt „Arabischer Golf“ geschrieben. Also weg damit! Und auch die Galerie ARNDT – noch mit einem Bein in Berlin und bereits in Australien ansässig – erhält Nachhilfeunterricht in kulturellen Unterschieden, denn in den Emiraten wird Ali, der schiitische Nachfolger Mohammeds, nicht geduldet. Die Bilder von Khosrow Hassanzadeh müssen abgehängt werden.

Abgesehen von diesen Zensurfällen verläuft die diesjährige Art Dubai beispiellos gut. Dominierten letztes Jahr die Galerien der MENASA-Region (Middle East, North Africa, South Asia), so hat sich Messeleiterin Antonia Carver heuer erfolgreich um eine ausgewogene Zahl von lokalen, regionalen und globalen Galerien bemüht. Die große Menge angereister Sammler aus der Schweiz und Belgien, den USA, Indien und natürlich der Region kaufen manchen Stand schon zur Voreröffnung leer: Die Werke von Alfred Tarazi (Libanon) ab 5.000 Dollar sind in den Galerien The Running Horse aus Beirut und Krinzinger aus Wien sofort ausverkauft, Nadim Karams (Libanon) Skulpturen finden bei der Ayyam Gallery für je 180.000 Dollar rasch Käufer und auch der Stand von The Third Line mit Laleh Khorramian und Hayv Kahraman ist schon anfangs nahezu geplündert. Newcomer wie die Galerie experimenter aus Kalkutta können den Ansturm von Interessierten an Adip Duttas Zeichnungen in 5er-Auflage zu je 5.000 Dollar kaum bewältigen. Selbst die fünf indonesischen Galerien der neuen „Marker“-Sektion mit Werken ab 2.000 US-Dollar meldeten zahlreiche Reservierungen. Die doch unerwartet hohen Preise für recht wenig bekannte Künstler orientierten sich am globalen Markt, erklärt Pierre Nachbaur, Marketing Manager vom Biasa ArtSpace aus Bali. Günstig war gestern. Auch vermeintliche Neuentdeckungen wollen heutzutage teuer bezahlt werden.

Undermind Can We Stay Together, Entang Wiharso, 2012 120×200 cm (3 Plate), Graphite and resin caste Courtesy of the artist and Galeri Canna

Doch woher kommt der auch im Vergleich zum vergangenen Jahr überraschend große kommerzielle Erfolg und Ansturm auf die zeitgenössische, arabische Kunst? Es hat wohl vor allem mit der rasant steigenden Zahl privater Sammlungen, Sammler-Museen und dem stetig wachsenden, globalen Interesse an der Kunst der MENASA-Region zu tun. Aber auch Dubai selbst trägt wesentlich dazu bei. Letztes Jahr noch beinahe bankrott, hat sich das Emirat deutlich erholt. Neue Hochhäuser entstehen, zwei Galerienviertel mit über 40 Design- und Kunstgalerien konnten sich etablieren und pünktlich zur Art Dubai meldet das Herrscherhaus Pläne für ein neues Kulturviertel an. Am Fuße des Burj Kalifa, dem höchsten Wolkenkratzer der Welt, wo diesjährig bereits die ersten Design Days Dubai noch in einem Zelt stattfanden, soll ein weiteres Galerienviertel entstehen. Geplant sind auch die Errichtung eines Museums für Moderne Kunst und eines Operhauses. Wohl wahr: ähnliche Pläne gab es bereits 2008 und noch sind weder Architekten noch konkrete Daten bekannt. Auch woher die Sammlung des Museums kommen soll, ist ein Geheimnis. Aber als Zeichen für ein kulturell ausgerichtetes Dubai kommt die Meldung gerade zur richtigen Zeit. Denn zusammen mit Hongkong und Singapur etabliert sich Dubai langsam als neues Zentrum eines globalen Kunstmarktes. Und die Zensur? Die gäbe es in dieser Strenge nur auf der Messe, beschwichtigen die Galeristen.

Birdprayers, Arya Pandjalu and Sara Nuytemans, 2008-­‐2011 Photograph mounted on aluminum, 80×60 Courtesy of Arya Pandjalu, Sara Nuytemans and Biasa Artpace

 

Allahu Akbar #2, Agus Baqul, 2011 Acrylic on Canvas, 150x200cm Courtesy of Agus Baqul and Jogja Contemporary

 

Kabah (Pondok Gede), Wimo Bayang, 2011 Photograph mounted on aluminum, 150x100cm Courtesy Ark Galerie

 veröffentlicht in: www.artnet.de,26.3.2012

http://www.artnet.de/magazine/nachbericht-6-art-dubai/

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