Compliance-Vorwürfe gegen die Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco, fragwürdige Reiseabrechnungen, eine klagewütige Ex-Geschäftsführerin – das Wiener Belvedere ist zuletzt nur noch mit Skandalen im Fokus der Lokalpresse. Jetzt wurde noch bekannt, dass der Kuratoriumsvorsitzende des Belvedere, Hans Wehsely, eine Sonderprüfung durch BDO in Auftrag gab, um die Compliance-Vorwürfe zu untermauern (Thomas Trenkler im Kurier). Zwar wurde nichts Gravierendes gefunden, aber BDO verrechnete gewaltige 130.000 Euro und Wehsely erwartet die Begleichung der Rechnung durch den Bund.
Jetzt berief Kulturminister Thomas Drozda eine Pressekonferenz ein, würdigte noch einmal die hervorragende Arbeit der Direktorin Husslein-Arco – und teilte tiefgreifende Maßnahmen mit. Er wolle die Situation „für „eine völlige Neuaufstellung der Bundesmuseen nutzen“. Denn im Zuge der traurigen Hexenjagd rund um Agnes Husslein-Arco wurden gravierende strukturelle Missstände offensichtlich. So trifft sich das Kuratorium fröhlich und waltet nach Gutdünken, ohne ein einziges Protokoll der Sitzungen anzufertigen. Ohne jegliche Rücksprache vergab Wehsely das Gutachten. Nicht nur dieses Procedere, auch die Summe des Gutachtens ist Drozda völlig unverständlich, wie er auf der Pressekonferenz mehrfach anmerkte.
Tatsächlich ist das Fehlen des Protokolls ein gravierendes Versäumnis des Kuratorium-Vorsitzenden Wehsely. Denn in der „Geschäftsordnung für das Kuratorium der Österreich. Galerie Belvedere“ steht unter § 2 Vorsitz: „(1) Die/Der Vorsitzende vertritt das Kuratorium nach außen, gibt für dieses alle Erklärungen ab und nimmt diese entgegen. Sie/Er setzt die Tagesordnung nach
Anhörung der Gesch.ftsführung gemäß § 4 Abs 1 fest, führt die Sitzungen und ist für
die Protokollerstellung verantwortlich.“ Und weiter unter § 8 Protokoll: „(1) Über die Sitzungen wird ein Protokoll angefertigt, das die Namen der Anwesenden, die Tagesordnung, den wesentlichen Verlauf der Sitzung und die Beschlüsse enthält. Im Falle von nicht einstimmig gefassten Beschlüssen enthält das Protokoll auch den Verlauf der Debatte.“ Erstaunlich, dass ein Vorsitzender sich so über die Geschäftsordnung hinwegsetzt – noch dazu in solch einer brisanten Angelegenheit!
Zu den Veränderungen im Belvedere: Agnes Husslein-Arco bleibt wie vorgesehen bis zum Ende ihres Vertrags Ende 2016. Wehsely dagegen trat zurück – ein längst fälliger Schritt, immerhin segnete das Kuratorium unter seinem Vorsitz, aber auch die klagende Ex-Geschäftsführerin die kritisierten Geschäftsreisen der Direktorin ab. Auf Nachfrage bestätigte Kulturminister Drozda, dass es durchaus eine Mitschuld bei solchen lange akzeptierten, plötzlich angezeigten Fällen geben kann.
Den Vorsitz des Kuratoriums übernimmt Sektionschefin Andrea Ecker, die über langjährige Erfahrungen in Salzburg und Bregenz verfügt. Sie tritt für eine Beruhigung der Unternehmenskultur im Belvedere ein, will das Kontrollsystem stärken und ist für den Bestellungsprozess verantwortlich.
Die interimistische Geschäftsführung übernimmt, wie bereits mitgeteilt, Dieter Bogner – der oft als Sanierer auftrat. Man kann also in dem Haus mit einigen Änderungen rechnen. Sowohl die wissenschaftliche als auch die wirtschaftliche Geschäftsführung werden über eine Personalagentur ausgeschrieben, „ich lade niemanden ein oder aus“, betont Drozda. Bewerbungsschluss ist Anfang September, schon Ende September soll die Entscheidung fallen. Am 1.1.2017 ist Vertragsbeginn.
Überarbeitet wird auch die Gehaltsstruktur: Vorgesehen sind 200.000 Euro Jahresgehalt mit einem Spielraum von bis zu 15 Prozent in beide Richtungen. Zudem wird eine Berichtspflicht eingeführt, das Kuratorium muss dem Minister Protokolle übermitteln – hier liegt offensichtlich ein Versäumnis der früheren Ministerin Schmied vor, die solche Details bei der Ausgliederung der Museen nicht bedachte.
Ganz wichtig ist auch die Erarbeitung eines Weißbuch unter der Leitung von Andrea Ecker und Mitarbeit von Ex-MUMOK-Direktor Edelbert Köb. Denn nach 15 Jahren Ausgliederung und Vollrechtsfähigkeit der Museen muss vieles überarbeitet werden. „Entscheidungsgrundlagen für eine Neuaufstellung der Bundesmuseen in Österreich sollen bis Anfang des kommenden Jahres vorliegen“, erklärt Drozda.