Anne Imhof im Deutschen Pavillon Venedig 2017

27. Okt. 2016 in News

imhof
Für den deutschen Pavillon auf der 57. Internationalen Kunstausstellung – La Biennale di Venezia hat Kommissarin Susanne Pfeffer die Performance- und Multimediakünstlerin Anne Imhof (geb. 1978, Gießen) eingeladen.
„Als international agierende Künstlerin kreiert Imhof in ihren bildgewaltigen Performances Situationen voller Dichte und durchdringender Intensität. Das kuratorische Konzept von Susanne Pfeffer richtet mit dieser Wahl den Blick darauf, wie sich der Mensch durch die gegenwärtigen technologischen und sozioökonomischen Bedingungen verändert, wie unsere Auffassung von Körper neu gedacht werden muss“, kommentierte Elke aus dem Moore, Leiterin der Abteilung Kunst des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen), das den Deutschen Pavillon koordiniert.
art-at-berlin-anne-imhof-angst-franziska-aigner-billy-bultheel-frances-chiaverini-and-josh-johnson-photo-nadine-fraczkowski-3416234043„Eigens für den Pavillon entwickelt Imhof seit Mai dieses Jahres eine raum- und zeitgreifende Arbeit.
Blicke treffen sich, aber keine Kommunikation entsteht. Sie nehmen einen wahr, aber erkennen einen nicht an. Nach Gender, individuell und eigen, zugleich aber stereotyp erscheinen die Menschen in Anne Imhofs Malereien und Szenarien. Geräusche, Klang und Kompositionen rhythmisieren wie synchronisieren Raum und Körper in einer gedehnten Zeit, welche sich lose durch Narrationen gliedert. Das Geschehen ist kontingent, alles kann in jedem Moment auch anders sein. Die Bewegungen changieren zwischen zäher Alltäglichkeit und rätselhaften Ritualen, zwischen fremdbestimmten wie schematisierten Abläufen oder individuellen Fehlfunktionen, Uniformität und Punk. In der Gruppe formiert, bleibt die ziellose Individualität bestehen. Auch wenn sie gemeinsam singen, singen sie vom Ich.
Auf Matten und Schlafsäcken, mit Boxsäcken, Baseballschlägern und Rasierern bewegen sich die Performer im Trainingscamp der kapitalisierten Körper und des optimierten Lebens. Zum Bersten gespannt oder erschlafft, erscheinen die dressierten und fragilen Körper wie von unsichtbaren Machtstrukturen durchzogenes Material. Den Bio-Techno-Körpern ist ihre mediale Vermittlung bereits inhärent. Sie scheinen sich permanent in konsumierbare Bilder zu verwandeln; sie wollen zum Bild werden, zur digitalen Ware.
Anne Imhof begegnet der Brutalität unserer Zeit mit einem harten Realismus. In ihren Szenarien vergegenwärtigt sie, wie der Körper in materiellen und diskursiven, in technologischen, sozio-ökonomischen und pharmazeutischen Grenzziehungen konstituiert wird. Anne Imhof macht so den Raum zwischen Körper und Realität sichtbar, in dem unsere Persönlichkeit überhaupt erst entsteht.“ (Pressetext)
Anne Imhof (* 1978) graduierte 2012 an der Städelschule in Frankfurt am Main. 2015 wurde Imhof mit dem Preis der Nationalgalerie ausgezeichnet und produzierte daran anschließend die Oper Angst, die 2016 in drei Akten in der Kunsthalle Basel, dem Hamburger Bahnhof in Berlin und auf der Biennale de Montréal gezeigt wurde. Ihre Performance-Zyklen Deal (2015), Rage (2014), Aqua Leo (2013) und School of the Seven Bells (2012) waren u.a. in Einzelausstellungen im MoMA PS1, New York (2015), dem Carré d’Art – Musée d’art contemporain de Nîmes (2014) sowie im New Jerseyy, Basel und dem Portikus, Frankfurt am Main (2013) zu sehen. In internationalen Gruppenausstellungen wurden ihre Arbeiten u.a. im Palais de Tokyo, Paris, dem Centre Pompidou, Paris (2015) und dem Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main (2014) gezeigt. Anne Imhof war 2015 Gastprofessorin an der Akademie der Bildenden Künste München. 2013 erhielt sie ein Atelierstipendium der Hessischen Kulturstiftung in Paris.
Deutsche Pavillon: Seit 1971 koordiniert und realisiert das ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) im Auftrag des Auswärtigen Amts den Länderbeitrag Deutschlands auf der Biennale Venedig. International renommierte Künstlerinnen und Künstler wie Gerhard Richter, Joseph Beuys, Jochen Gerz, Ulrich Rückriem, Hanne Darboven, Bernd und Hilla Becher, Hans Haacke, Nam June Paik, Katharina Fritsch, Gerhard Merz, Rosemarie Trockel, Martin Kippenberger, Candida Höfer, Tino Sehgal, Isa Genzken und Ai Weiwei haben den Deutschen Pavillon auf der Biennale Venedig bespielt. Der deutsche Beitrag gewann bereits vier goldene Löwen: 1986 Sigmar Polke (Kommissar: Dierk Stemmler), 1993 Hans Haacke und Nam June Paik (Kommissar: Klaus Bußmann), 2001 Gregor Schneider (Kommissar: Udo Kittelmann), 2011 Christoph Schlingensief (Kuratorin: Susanne Gaensheimer), 2015 FABRIK (Kommissar Florian Ebner) .
Das ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) engagiert sich weltweit für ein friedliches und bereicherndes Zusammenleben von Menschen und Kulturen. Es fördert den Kunst- und Kulturaustausch in Ausstellungs-, Dialog- und Konferenzprogrammen. Seit 100 Jahren vernetzt es als Kompetenzzentrum der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Zivilgesellschaft, kulturelle Praxis, Kunst, Medien und Wissenschaft. Es initiiert, moderiert und dokumentiert Diskussionen zu internationalen Kulturbeziehungen. Es wird gefördert vom Auswärtigen Amt, dem Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart. www.ifa.de
Die Eröffnung des deutschen Pavillons finden am 10. Mai 2017 statt. Die 57. Internationale Kunstausstellung – La Biennale di Venezia eröffnet am 13. Mai 2017 und läuft bis zum 26. November 2017.