Art Cologne 2011

16. Apr. 2011 in Kunstmesse

Wird es die Art Cologne schaffen, sich als führende Kunstmesse Deutschlands wieder zu behaupten? Wie auf der ARCO Madrid, so stand auch in Köln dieses Jahr alles auf dem Spiel. In den letzten Jahren hatten sich immer weniger internationale Galerien angemeldet, zogen sich immer mehr führende deutsche Galerien zurück und es drohte, dass die Art Cologne zur kleinen Provinzmesse verkommt. Dabei ist es die Mutter aller Kunstmessen, wurde 1967 als allererste derartige Veranstaltung gegründet und entwickelte sich in den 1980er Jahren zum zentralen europäischen Marktplatz. Natürlich bestand immer die Konkurrenz zur Art Basel, aber der Abstand war längst nicht derartig gravierend wie es heute der Fall ist – zumal Köln damals dank der hervorragenden Galerien in Sachen zeitgenössischer Kunst auf Augenhöhe mit New York stand.

Aber die Finanzkrise in den 1990ern, die stetig wachsende Messe-Konkurrenz im immer globaler werdenden Kunstmarkt und nicht zuletzt der Wegzug nahezu aller wichtigen Kölner Galerien nach Berlin schwächte die Art Cologne immer weiter. Noch eine Finanzkrise später und die fröhliche Stadt am Rhein schien als Kunststadt zu verschwinden. Zwar ist die Galerie-Situation Kölns noch immer traurig-desolat. Die Messe dagegen hat das Comeback geschafft. Vor drei Jahren wurde das Management ausgewechselt und Daniel Hug führte radikale Veränderungen ein, um die Qualität der Messe zu sichern. So hat die Art Cologne mit 1080 Euro die höchsten Anmeldegebühren. Die Hälfte wird bei einer Ablehnung zurückerstattet, aber trotzdem schreckt die Summe einige von vornherein ab. Besonderes Gewicht liegt auf junger Kunst mit den Formaten „New Positions“, die als 25 qm große Förderkoje gleich neben den Ständen ihrer Galerien angedockt sind und die „New Contemporaries“ mit – geförderten – 30 Quadratmeter. Dazu neue Kooperationen und stetige Verbesserung der Formate – alles zusammen und nicht zuletzt die Konjunkturbelebung der deutschen Wirtschaft haben dieses Jahr das Wunder bewirkt: die Art Cologne lebt wieder! Nicht nur sind gefragte Galerien wie Hauser & Wirth oder Sprüth Magers wieder dabei. Vor allem hat die Art Cologne ihr Profil geschärft und ist auf dem Weg, die interessanteste Messe für Newcomer zu werden.

Da sind allerhand Entdeckungen zu machen und dies erfreulicherweise besonders bei den Künstlerinnen: Frauke Dannerts standfüllender Teppich mit Architektur-inspirierten Linien (Galerie Rupert Pfab), Klara Hobzas kurioses Projekt, Europa von der Nordsee durch den Rhein, den Main und die Donau zu „durchtauchen“ (Galerie für Landschaftskunst), Simone Lanzenstiels expressiv-reduzierte Malerei, diese gestischen Spuren auf weißem Grund (Galerie Barbara Gross), die auch mal auf Holzlatten skulptural an der Wand lehnen, oder Thea Djordjadzes Raumzeichnungen aus Alltagsobjekten (Sprüth Magers). Im „Open Space“ gehört der großartige, mystisch-malerische Film „The man with the back“ von Sebastian Diaz Morales (Carlier / Gebauer, Berlin, und Catherine Bastide, Brüssel/Berlin) zu den Entdeckungen, aber auch die riesigen, reduziert-ornamentalen Bilder von Chris Martin. Zu groß für die Wände, entschied die Berliner Galerie Koch Oberhuber Wolff, diese Bilder von der Decke hängend als mächtige Raumteiler einzusetzen.

Überhaupt setzt das architektonische Konzept dieses Jahr auf Offenheit. Viele Stände begnügen sich mit nur zwei Wänden, wodurch die Präsentationen ineinander übergehen und man sich so kunstschauend wunderbar durch die Messe treiben lassen kann. Besonders offen ist der „Open Space“-Bereich, in dem 30 Galerien je einen Künstler in einem Mittelding zwischen Ausstellungsbereich und Messesituation präsentieren. In der Mitte hat der Kölner Maler Andreas Schulze die kuschelige „Reader´s Lounge“ für Künstlerbücher und Kataloge gestaltet.

Dies alles befindet sich im ersten Stockwerk der Halle 11. Die Stände eher klein, die Formate überschaubar und die Verkaufspreise eher niedrig, liegen oft unter 20.000,- Euro, etwa der Hampelmann von Christian Eisenberger bei Konzett für 9800,- oder die kleinen Fotografien mit ausgeschnittenen Spielplatz-Geräten von Sofia Thorsen bei Krobath ab 800,- Euro. In der unteren Etage dagegen geht es ganz anders zu. Hier dominieren die oft 100 qm großen Stände mit großformatiger Malerei und ausladenden Skulpturen. Hier geht es in die Millionen, mit dem Spitzenreiter „Totentanz der Mary Wigman“ (1926/28) von Ernst Ludwig Kirchner bei Henze & Ketterer für 3.4 Mio, Tom Wessselmann bei Klaus Benden für 2.3 Mio, einem wunderschönen Giorgio Morandi von 1948 für 950.000,- bei Maggiore. Ob Sam Francis oder Anselm Kiefer, Imi Knoebel oder Broodthaers, Christo oder Zero-Künstler Heinz Mack – während der Voreröffnung wird deutlich, dass sich das Sammlerinteresse auf die bereits arrivierten Werke im hohen Preissegment konzentriert, und dies nicht nur in der reinen Menge der Besucher, sondern auch bei den Verkäufen. Kunstkauf, das wird in Köln deutlich, ist eine stetig steigende Form der Wertanlage. An der Risikobereitschaft allerdings muss noch gearbeitet werden.

An der Art Cologne nehmen dieses Jahr 200 Galerien aus 22 Ländern teil, darunter 8 Galerien aus Österreich: Johannes Faber, Ernst Hilger, Konzett, Krobath, Meyer Kainer, Nächst St. Stephan, Salis & Vertes, Elisabeth & Klaus Thoman.

 Art Cologne, 13.-17.4.2011, Messeplatz 1

 veröffentlicht in: Die Presse 15.4.2011