Art Dubai in Kuwait

10. Feb. 2015 in Kunstmesse

Eine Kunstmesse verändert die Region: Art Dubais „Global Art Forum“ startet 2015 in Kuwait
Ein Gespräch mit Sultan Sooud Al Qassemi, Journalist und Gründer der Barjeel Art Foundation, Co-Kurator des heurigen Global Art Forums

Heuer beginnt die Art Dubai erstmals in dem Emirat Kuwait. Im Dar al-Athar al-Islamiyyah (DAI) und in der Sultan Gallery werden nationale und internationale Teilnehmer unter dem Titel „Download Update?“ die Frage diskutieren, wie sehr unser Leben durch Technologien verändert wird. DAI ist das 1983 gegründete Nationalmuseum Kuwaits, das auf der Privatsammlung der ehemaligen Herrscherfamilie as-Sabah beruht. Die Sultan Gallery wurde 1969 gegründet, 1990 geschlossen und dient seit 2006 wieder der Vermittlung zeitgenössischer Kunst. Parallel laufen Ausstellungen und Veranstaltungen in Kuwait City. Organisiert wird das Diskussionsprogramm von Sultan Sooud Al Qassemi (Sharjah) und Turi Munthe (London), mit Shumon Basar als director-at-large.
SBV: Die letzten Jahre begann das Diskussionsprogramm der Art Dubai in Doha, heuer jetzt erstmals in Kuwait – warum?
Sultan Sooud Al Qassemi: In der Golfregion war Kuwait immer schon ein Pionierland in der Kultur. Hier begann die Globalisierung der Region, hier starteten in den 1920ern und 1930ern die ersten Radio- und Fernsehsender, die ersten Tageszeitungen, farbige Magazine, Kino und ab den 1950ern die ersten Theater mit teilweise hochpolitischen Aufführungen. Hier traten auch die ersten Frauen im Theater, sogar im Fernsehen auf. Daher fanden wir es sehr passend, das Global Forum 2015 in diesem Staat zu veranstalten – auch als Anerkennung für die Rolle Kuwaits in der Golf-Kultur.

Kuwait National Assembly, 1972 von Utzon geplant, 1982 fertiggestellt

SBV: Auf dem Global Art Forum 8, März 2014, sprachen Farah Al-Nakib und Kristine Khouri (moderiert von Ala Younis) über „Kuwait´s Experiments and the Confidence Interval“. Sie sprachen über die erste, bereits 1942 eröffnete Galerie, die über 100 Ausstellungen zeigte. Während dieser vierzig Jahre entstanden viele Gebäude im Stil des Bauhauses, zugleich wurde aber wohl auch viel aus der „pre-oil“-Zeit zerstört. Heute werde dagegen die Architektur der Moderne beseitigt?
Sultan Sooud Al Qassemi: Diese Diskussion wird hier in der Golfregion in mehreren Staaten geführt. Tatsächlich sind viele dieser Gebäude in privatem Besitz. Es ist keine politische Entscheidung, sondern folgt ökonomischen Interessen. In Kuwait gibt es viele Initiativen, darunter Nuqat, die Touren zur Architektur der Moderne anbieten. Ich habe letzten Monat eine Tour mitgemacht und Fitnessräume in Gebäuden entdeckt! Vieles wurde damals von den wichtigsten Architekten jener Zeit entworfen. Das Kuwait Parlament etwa ist von Jorn Utzon gebaut, der 2004 die Sydney Oper entwarf. Die Architektur wird auch Thema des Global Art Forum werden.
SBV: Was führte dazu, dass diese Phase gänzlich abbrach?
Sultan Sooud Al Qassemi:
Einige Gründe haben dazu geführt, dass der Staat Kuwait dann nach innen ausgerichtet wurde, vor allem die irakische Invasion 1990 – das war ein Schock für das System, von dem sich das Land bis heute nicht erholt hat. Es wird zum Beispiel noch immer das Museum wiederaufgebaut. Aber es wurden nicht nur Gebäude und Einrichtungen zerstört, auch die „tribal culture“, ebenso die Kultur der modern ausgerichteten Einwohner an der Küste. Der Dialog änderte sich von einem global ausgerichteten zu einem über interne Angelegenheiten: was passierte, wie kam es überhaupt dazu? Und das ist bis heute noch nicht abgeschlossen. Die Invasion war eine gewaltige Katastrophe.

Der 77 Stockwerke umfassende Alhamra Tower wurde 2005 begonnen, 2011 fertiggebauta

 

50 SprecherInnen des Global Art Forum 2015

SBV: Wie war die Reaktion in Kuwait während der Planung des Global Art Forum?
Sultan Sooud Al Qassemi: Es besteht ein großes Interesse, die Museen und auch private Sammlungen öffnen für uns, wir organisieren Besuche bei Sammlern, junge und auch weibliche Sammler – es ist wie ein großes Fest, die Menschen freuen sich, dass die kulturelle Rolle Kuwaits in der Region anerkannt wird. Das unterstreicht auch noch einmal die bedeutende Rolle der Art Dubai, historische Entwicklungen in der Region aufzuarbeiten, auch an die Subkulturen zu erinnern, die viele vergessen haben. Sagt man Golf, denken die meisten an Öl und Hochhäuser und Wüste. Dabei ist diese Region soviel reichhaltiger und Kuwait ist ein großartiges Beispiel dafür. Es ist eine wunderbare Idee der Art Dubai, das Global Art Forum in verschiedenen Städten der Region abzuhalten, um die Städte und ihre Kultur anzuerkennen.

Zugleich Wasser- und Aussichtstürme, wurden die Stahlbetongebäude 1979 eröffnet

SBV: Abgesehen von der Architektur – welche Themen werden noch zur Sprache kommen?
Sultan Sooud Al Qassemi: Wir haben eine Gesprächsrunde mit jungen Verlegern, werden aber auch mit einem der Gründer der allerersten, globalen Zeitschrift der Golfregion sprechen – das war 1957 und das Magazin wurde in Kairo, Beirut, Damaskus und Bagdad verkauft. Wir haben viele weibliche Redner, eine Kuwaiti Politikwissenschaftlerin wird eine Runde über „Dekonstruktion weiblicher Identität am Golf“ moderieren.

Arab Fund for Development, fertiggebaut 1994

Es wird eine Tour zum Arab Fund For Economic & Social Development geben – das ist die spannendste Architektur der Moderne in der arabischen Welt. Aber auch Touren in die Altstadt Kuwaits – das Angebot ist so reich, ich würde mich gerne klonen, um alles mitmachen zu können. In diesen zwei Tagen kann man die unglaublich spannende Kultur Kuwait konzentriert kennenlernen!
SBV: Werden manche der Foren auch in Dubai wiederholt?
Sultan Sooud Al Qassemi: Alle Veranstaltungen sind exklusiv nur in Kuwait, aber einige wenige Sprecher werden auch in Dubai noch einmal zu anderen Themen auftreten.
SBV: Was ist Ihre persönliche Verbindung zu diesem Land?
Sultan Sooud Al Qassemi: Ich habe dort Verwandte und reise häufig nach Kuwait. Vor allem aber sehe ich das Land als eine spannende kulturelle Erfolgsgeschichte, als Land der Pioniere.

9.Februar 2015

Kuwait hat auf einer Fläche von knapp 18.000 km2 rund 3 Millionen Einwohner. Der Staat grenzt an den Irak, Saudi Arabien und an den Persischen Golf. Laut Wikipedia sind 60% der Einwohner ausländische Arbeitskräfte und ihre Angehörigen. Am 2. August 1990 marschierten irakische Truppen in Kuwait ein. Im Verlauf des fünfwöchigen Zweiten Golfkriegs wurde das Emirat am 27. Februar 1991 befreit. Da der Irak durch Palästina unterstützt worden war, wies Kuwait binnen weniger Tage 450.000 Palästinenser aus dem Land aus. 2003 war Kuwait Ausgangspunkt für die Invasion der US-Truppen in den Irak.