Am Ende ihrer Jahrespressekonferenz Anfang Januar verkündete MUMOK-Direktorin Karola Kraus stolz eine, wichtige Schenkung: das österreichische Sammlerehepaar Gertraud und Dieter Bogner übergeben ihre umfangreiche Sammlung von Modellen und Zeichnungen des visionären Architekten Friedrich Kiesler dem MUMOK. Schon seit 2007 ist das Sammlerehepaar dem Haus verbunden, als sie ein großes Konvolut an Werken der Konkreten Kunst überliessen. Seither folgten weitere Schenkungen.
Die aktuelle allerdings birgt Zündstoff. Seit 1980 sammelt das Ehepaar Bogner Werke des österreichisch-US-amerikanischen Künstlers, Bühnengestalter, Designer und Theoretiker. Bisher kümmerte sich die 1997 gegründete Friedrich und Lilian Kiesler-Stiftung um dieses Archiv. „Ihre Aufgabe ist es, das Erbe des austro-amerikanischen Architekten (1890-1965) zu erforschen und der aktuellen Architektur- und Kunstproduktion einzuschreiben. Kiesler orientierte sich, im Bestreben eine Einheit von künstlerischen und sozialen Wirkungsfeldern zu erreichen, an einer fächerübergreifenden, die Theorie und Praxis verbindenden Haltung. Er war in unterschiedlichen Disziplinen, Architektur, bildender Kunst, Design und Theater tätig“, heißt es zu den Aufgaben auf der webside der Stiftung.
Neben Ausstellungen organisiert die Stiftung auch den „auf ausdrücklichen Wunsch von Friedrich Kieslers zweiter Frau Lillian“ 1997 gegründeten „Österreichischen Friedrich Kiesler Preis für Architektur und Kunst“. Zweijährlich wird die mit 55.000 Euro dotierte Auszeichnung alternierend von der Republik Österreich und der Stadt Wien verliehen.
Jetzt gehört die Sammlung also dem MUMOK – wie geht es dann weiter mit der Stiftung und dem Preis? Und wieso ging die Schenkung nicht an das MAK, wo ja letztes Jahr von Juni bis Oktober die große Kiesler-Ausstellung „Lebenswelten“ stattfand? Sie möchten mit diesem Schritt die inhaltlichen Zusammenhänge mit der bildenden Kunst befördern, erklärt Dieter Bogner im Gespräch. Mit dem expliziten Kunstkontext möchten sie „die Perspektive in Bewegung bringen“, wie er sagt. Denn in der Architektur sei Kiesler als Visionär ja bereits weitreichend rezipiert.
Aber was bedeutet diese Schenkung für die Arbeit der Wiener Kiesler Stiftung? Die Institution ist in einer Mischung aus staatlichen Geldern und Unternehmens-Sponsoring von beispielsweise Bank Austria Creditanstalt AG und den Wittmann Möbelwerkstätten finanziert. Wie lange dieses Modell funktioniert, ist nicht absehbar, ob es die Stiftung in der derzeitigen Form „in dreißig Jahren noch gibt, weiß man nicht“, sagt Bogner. Aus dem MUMOK heißt es dazu: „Tatsache ist, dass das Sammlerehepaar Gertraud und Dieter Bogner am 12. Jänner 2017 bekannt gab, insgesamt 34 Arbeiten des Architekten, Künstlers und Visionärs an das mumok zu übergeben. Diese 34 Objekte bleiben, wie bisher, als Dauerleihgabe in der Österreichischen Friedrich und Lilian Kiesler Privatstiftung. Im Eigentum der Stiftung befinden sich über 20.000 Werke, die in keiner Weise durch die nun an das mumok erfolgte Schenkung kompromittiert werden.“ Und weiter: „Für die Stiftung sind die Republik Österreich und die Stadt Wien verantwortlich, die auch zukünftig alternierend den Kiesler-Preis für Kunst und Architektur vergeben werden.“
Mit der Schenkung sei geklärt, dass die Sammlung dem Museum gehört und vorerst als Leihgabe der Stiftung überlassen bleibt. Aber mit der Übernahme sei ihnen „eine große Last abgenommen“, es sei eine „Dauervorsichtsmaßnahme“, so Bogner.