Expansionskurs der 3. Art Düsseldorf

25. Nov. 2019 in Ausstellungen

Art Düsseldorf 2019 Mendes Wood DM / Proyectos Ultravioleta / Sies + Höke © Sebastian Drüen

Art Düsseldorf 2019 Mendes Wood DM / Proyectos Ultravioleta /Sies + Höke © Sebastian Drüen

Als die Art Düsseldorf vor drei Jahren erstmals eröffnete, waren die meisten Galerien skeptisch: Ist in Deutschland genügend Potential für eine weitere Kunstmesse, noch dazu im Rheinland? Immerhin findet nur gut 40 Kilometer entfernt in Köln im Frühjahr die Mutter aller Kunstmessen statt, die Art Cologne. Sie ist nicht nur die Älteste, sondern in Deutschland unzweifelhaft die Renommierteste. Doch trotz dieser Konkurrenz nahmen heuer wieder gut 100 Galerien aus 24 Ländern an der dritten Art Düsseldorf teil, darunter alleine 9 aus Österreich. Für Waltraud Mauroner von MAM Mario Mauroner Contemporary Art ist die Art Düsseldorf vom Format weitaus angenehmer, Köln sei „zu groß, zu deutsch und zeitlich zu nah an der Art Brussels“. Nächst St. Stephan ist in beiden Städten vertreten: „Man kann nicht häufig genug im Rheinland sein“, fasst Mitarbeiter Deniz Pekermann ihre Entscheidung zusammen. Einig sind sich alle, dass eines der größten Potentiale der Art Düsseldorf die „erfahrenen Sammler in dieser Region“ sind, wie Ursula Krinzinger betont – denn im Rheinland gehört Kunst zum bürgerlichen Selbstverständnis und zur Grundausstattung vieler Haushalte. Beim jährlichen Rundgang an der renommierten Düsseldorfer Kunstakademie etwa stehen die Menschen in langen Warteschlangen, um junge Kunst zu schauen – und zu kaufen. Und pünktlich zur Art Düsseldorf finden in den Museen rundherum herausragende Ausstellungen statt, heuer Emil Nolde in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, Martin Kippenberger in Bonn, Wade Guyton in Köln.

Art Düsseldorf 2019 Skulpturenplatz, König Galerie Alicja Kwade, Absorption (Dolomit), 2018 © Sebastian Drüen

Art Düsseldorf 2019 Skulpturenplatz, König Galerie, Alicja Kwade, Absorption (Dolomit), 2018 © Sebastian Drüen

In dieser von viel Kunst-Neugierde und -Enthusiasmus getragene Stimmung hat es die Art Düsseldorf jetzt mit der dritten Ausgabe geschafft, sich als solide regionale Messe zu platzieren. Den anfänglichen Zweifeln zum Trotz vermeldeten die Galerien gute Verkäufe und die Messe meldete rund 40.000 – ein Erfolg, der sicher auch an dem Austragungsort Areal Böhler liegt. 1915 begann hier die Stahl-Produktion der österreichischen Handelsfirma Böhler-Uddeholm. Auf 230.000 Quadratmeter wurden in Düsseldorf Glüherei, Stahlwerk und Dampfkessel angesiedelt. Lange Jahre läutete hier eine Glocke, wenn das Stahlwerk den schmutzigen Rauch in die Luft blies, damit die Leute ihre Wäsche reinholen konnten. 1993 war Ende. Der Hüttenbetrieb wurde eingestellt. Heute ist es ein Kulturareal, in deren hohen, lichtdurchfluteten Industriehallen die Art Düsseldorf stattfindet. Diesen gut mit der Tram zu erreichenden Standort sieht auch Sandy Angus als einen der großen Pluspunkte der Messe. Zusammen mit seinem Partner Tim Etchell kaufte der Brite jüngst Anteile an der Art Düsseldorf. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten musste sich der Schweizer Messeveranstalters MCH (Muttergesellschaft der Art Basel) von seinen 25.1 Prozent trennen, Angus erwarb dazu noch weitere 15 Prozent von Walter Gehlen, Direktor der Art Düsseldorf, und Andreas Lohaus, Mitbegründer der Messe. Ihr Einstieg sei für diese 3. Ausgabe zu spät gekommen, erklärt Angus im Gespräch, aber für nächstes Jahr haben sie schon große Pläne: Sie wollen die Messe deutlich globaler aufstellen.

Art Düsseldorf 2019 Sies + Höke, Jonathan Meese © Sebastian Drüen

Art Düsseldorf 2019
Sies + Höke, Jonathan Meese © Sebastian Drüen

Beide sind erfahrene Messeveranstalter, deren Schwerpunkt in Asien mit Kunstmessen in Hong Kong, Shanghai, New Delhi, Taipeh und der geplanten Art SG in Singapur liegt. Mit der Art Düsseldorf verfügen sie jetzt erstmals über eine Messe in Europa, „das fehlte uns bisher, weil wir nicht den richtigen Standorten finden konnten“, so Angus. Düsseldorf ist perfekt, denn die Rheinmetropole ist auch ein wichtiges Zentrum japanischer Wirtschaftsaktivitäten. Einen kleinen asiatischen Schwerpunkt gab es schon heuer auf der Messe mit Galerien aus Korea, Taiwan und Japan. Im Talk-Programm trat der renommierte japanische Sammler Daisuke Miyatsu auf und Großsammler Yusaku Maezawa zeigte Werke aus seiner Contemporary Art Foundation in einer Sonderausstellung. „Wir wollen noch einige Blue Chip-Galerien aus Asien dazu holen und die Synergien mit unseren Messen ausbauen“ – etwa über Länder-Schwerpunkte der asiatischen Standorte, 2020 vielleicht bereits mit Indien.

Jörn Stoya, Petra Rinck Galerie, 3. Art Düsseldorf 2019

Jörn Stoya, Petra Rinck Galerie, 3. Art Düsseldorf 2019

So naheliegend diese strategische Entscheidung eines Austauschs klingt, so spannend wird die Umsetzung: Ist das Profil der Art Düsseldorf nicht gerade seine Regionalität? Wieviel Globalität verkraften regionale Kunstmessen? Das Eröffnungspublikum der Art Düsseldorf war weitgehend lokal, am Wochenende kamen noch Besucher aus den angrenzenden Benelux-Ländern (Belgien, Niederlande, Luxemburg). Die überwiegende Zahl der Kunst stammte aus Westeuropa, das Interesse an weniger Vertrautem ist noch ausbaufähig – in den Gemeinschaftsstand der sieben polnischen Galerien etwa zog es kaum jemanden. Ist nicht gerade die Vertrautheit mit dem Ausgestellten, das Kennen der Aussteller und die Messe als Treffpunkt untereinander zentral? Aus Sicht der Messeveranstalter ist ein großer Ländermix in jeder Hinsicht erstrebenswert, erhöht es doch die Reichweite der Aussteller, Besucher und medialen Aufmerksamkeit. Für die Sammler auf regionalen Messen kann es zum Testfall für Weltoffenheit werden.