Foundation-Präsidentin Sunjung Kim zur 12. Gwangju Biennale

01. Okt. 2018 in Interview

NINA CHANEL ABNEY, Always Ready, Always There, 2018

NINA CHANEL ABNEY, Always Ready, Always There, 2018

2017 wurde erstmals in der Geschichte der 1995 gegründeten Gwangju Biennale einer Frau das Präsidentenamt der Biennale Foundation übergeben: Sunjung Kim. Die südkoreanische Kuratorin und Museumsgründerin entschied für die 12. Gwangju Biennale ein gänzlich neues Konzept und lud 11 KuratorInnen ein. Jetzt stellen 165 KünstlerInnen aus 43 Ländern verteilt auf zwei Hauptorte aus, dazu findet ein pralles Seitenprogramm statt.  Kim ist Professorin an der Korea National University und eine der wichtigsten Kuratoren Koreas. 2005 gründete sie das Institut SAMUSO in Seoul, 2012 war sie Teil des Kuratorenteams der 9. Gwangju Biennale.

SBV: Wann erhielten Sie die Anfrage für das Präsidentenamt der Gwangju Biennale Foundation?

Sunjung Kim, Foto Gwangju Biennale Foundation

Sunjung Kim, Foto Gwangju Biennale Foundation

SUNJUNG KIM: Letztes Jahr im Juni wurde ich gefragt, ob ich das Amt übernehmen möchte. Ich lehnte erst ab, ich bin nicht der Typ Präsidentin (lacht). Aber ich wurde immer wieder gebeten und habe zuletzt zugesagt, weil die Gwangju Biennale solch eine wichtige Veranstaltung ist.

SBV: Mussten Sie dafür die Leitung von SAMUSO abgeben?

SUNJUNG KIM: Ja, leider. Aber mein Programm läuft noch bis Ende dieses Jahres und ich habe eine sehr gute Nachfolgerin gefunden.

SBV: Sie waren 2012 selbst Teil des sehr großen Kuratoren-Teams der 9. Biennale, die dafür auch scharf kritisiert wurde. Warum entschieden Sie für diese 12. Gwangju Biennale ein ebenfalls auf vielen Kuratoren basierendes Konzept?

Koh Nguang How, 12. Gwangju Biennale 2018

Koh Nguang How, 12. Gwangju Biennale 2018

SUNJUNG KIM: Das war damals eine schwierige Erfahrung für mich, weil wir ja alle eine gemeinsame Ausstellung kuratieren sollten, ohne uns vorher zu kennen. Für die 12. Gwangju Biennale habe ich jetzt 11 Kuratoren eingeladen, die ich gut kenne und von denen ich weiß, dass sie das von mir gewählte, gemeinsame Oberthema „Imagined Borders“ auch interessiert. Die Kuratoren zeigen eigene, voneinander abgegrenzte Ausstellungen unter eigenen Titeln mit eigenen Konzepten.

SBV: Warum haben Sie sich dafür entschieden, 7 einzelne Ausstellungen statt einer großen zu zeigen?

Kwon Yongju, Casting, 2018

Kwon Yongju, Casting, 2018

SUNJUNG KIM: Ich wollte ein anderes Format der Biennale ausprobieren. Das geht ja weiter, es gibt drei Kategorien: die sieben Ausstellungen, dazu die GB-Commissions, Adrian Villar Rojas „The War of the Stars“, Mike Nelsons Installation „Mirror reverb (the blinding of a building, a notation for another) in der Kirche des ehemaligen Militärkrankenhaus, wo Kader Attia „Eternal Now“ zeigt und Apichatpong Weerasethakul „Constellations“. Dazu kommen noch die Pavillon Projects. Die Stadt Gwangju sucht schon lange nach einem Konzept für Nationale Pavillons. Aber funktioniert das heute noch? Stattdessen habe ich Institutionen eingeladen, während der Biennale eine Ausstellung im Stadtraum organisieren.

SBV: Die Pavillon Projects sind also komplett fremd finanziert?

SUNJUNG KIM: Sie kooperieren mit lokalen Institutionen und mieten sich dort ein. Es gibt sehr viele Privatmuseen in Gwangju, die jetzt in Kollaborationen eingebunden werden können.

Dominic-Mangila Pcan, 12. Gwangju Biennale 2018, Pavillon Project

Dominic-Mangila Pcan, 12. Gwangju Biennale 2018, Pavillon Projects

SBV: Das Helsinki International Artist Programme stellt Künstler im Mugaksa Temple´s Lotus Gallery aus, das Philippine Contemporary Art Network hat sich im Leekangha Art Museum eingemietet. Der dritte Pavillon wird nicht von einer Nation, sondern einer Institution bespielt – warum das Pariser Palais de Tokyo?

24_ Mire Lee, Hysteria, Elegance, Chatharsis, 2018, mixed media. Foto SBV, Pavillon Project 12. Gwangju Biennale

24_ Mire Lee, Hysteria, Elegance, Chatharsis, 2018 // Foto SBV, Pavillon Project 12. Gwangju Biennale

SUNJUNG KIM: Jean de Loisy, Präsident des Palais de Tokyo, hat mich angesprochen. Wir trafen uns in verschiedenen Jurys und er hatte die Idee, in Gwangju in einem verlassenen Gebäude auszustellen, im Gwangju Civic Center.

SBV: Worauf basiert der Titel dieser 12. Gwangju Biennale, „Imagined Borders“?

SUNJUNG KIM: Ich möchte damit an die 1. Biennale 1995 anknüpfen, die „Beyond the borders“ hieß. Darum ist auch ein Teil jetzt die Ausstellung „Returns“ von David Teh, die das Biennale-Archiv der ersten vier Ausgaben bis 2002 untersucht und als „walk in-magazine“ konzipiert.

SBV: Ein Aspekt der ersten Ausgabe war die gerade beginnende Globalisierung – wie sehen Sie dieses Thema heute?

Miao Ying, 12. Gwangju Biennale 2018, Foto Gwangju Biennale Foundation

Miao Ying, 12. Gwangju Biennale 2018, Foto Gwangju Biennale Foundation

SUNJUNG KIM: Heute ist immer häufiger eine starke Tendenz zur Nationalisierung zu beobachten, mit BREXIT in England, Präsident Trump in der USA, um nur einige zu nennen. Wir haben es mit starken, sichtbaren Grenzen wie bei uns in Korea zu tun, aber immer häufiger auch mit unsichtbaren, die unsere Vorstellungen bestimmen. Es gibt beispielsweise in Korea eine Grenze zwischen der älteren und der jungen Generation, und dann ist da noch weltweit die starke Abgrenzung zwischen dem Individuum und der Umgebung, die einen Ausdruck in den vielen Selfies findet. Aber die Kuratoren konnten ihre eigenen Konzepte dazu entwickeln.

Ho-Tzu Nyen, 12. Gwangju Biennale 2018, Foto Gwangju Biennale Foundation

Ho-Tzu Nyen, 12. Gwangju Biennale 2018, Foto Gwangju Biennale Foundation

SBV: Noch eine letzte Frage: Ich kann mich nicht erinnern, während der Eröffnungstage im September hier schon einmal so hohe Temperaturen erlebt zu haben – ist das normal?

SUNJUNG KIM: Die Temperaturen sind diesen Sommer extrem hoch, wir haben hier ein südostasiatisches Klima bekommen.

SBV: Herzlichen Dank für das Gespräch!