Interview mit Sandy Angus, Januar 2013 in Delhi

19. Sep. 2013 in Interview, Kunstmarkt

Gespräch mit Sandy Angus, Messemitbegründer der Art Hongkong und Art International Istanbul, Miteigentümer der India Art Fair

 

Sandy Angus, Istanbul, Sept. 2013

Sabine B. Vogel: Was ist Ihr Interesse an einer indischen Kunstmesse?
Sandy Angus: Meine Familie hatte in Indien über 80 Jahre lang eine Teeplantage. Ich wurde in Tamil Nadu geboren, wuchs hier lange Zeit auf – und komme jetzt mit dieser Messebeteiligung wieder zurück. Seit den 1980er Jahren betreibe ich Kunstmessen. Begonnen hat es mit der Los Angeles Artfair, die erfolgreichste bisher war die Art Hongkong und die neueste ist die Art International Istanbul, die am 14. September erstmals eröffnet.
SBV: Wann entschieden Sie sich für die Beteiligung an der India Art Fair?

India Art Fair, Januar 2013

SA: Die Gründerin Neha Kirpal wollte die Messe gerne international positionieren. Also schaute ich mir die damals noch „India Summit“ genannte Messe in der dritten Ausgabe 2011 an. Unser erster Schritt war dann eine Ortsveränderung. Hier können wir unsere eigene Struktur bauen, müssen nicht auf Entscheidungen anderer warten und haben die gesamte Kontrolle – was in Indien sehr wichtig ist. Hier auf dem NSIC Ground mieten wir die Bodenfläche, das Ambiente entwickeln wir in dieser Zelt-Struktur.

SBV: Sind Kunstmessen ein lukratives Geschäft?
SA: Es ist weitaus weniger interessant als man glaubt, denn es ist ein enorm hartes Geschäft. Man muss sehr große Summen als Startkapital investieren und in den ersten 2-3 Jahren verliert man viel Geld. Es braucht viel Überzeugungskraft, denn die guten Galeristen kommen zur ersten Ausgabe einer Messe nur, wenn sie von der Qualität des Marktes überzeugt sind. Dann müssen Sammler eingeflogen werden, was viel Geld kostet. Es ist ein riskantes Geschäft. Oft kommen Galerien nur ein paar Mal. Wenn es sich für sie nicht lohnt, verlieren sie das Interesse – da müssen wir gegen arbeiten.
SBV: Es heißt, die Viennafair hat 2012 1.5 Mio. Euro investiert …
SA: … das ist gar nicht schwer, glauben Sie mir!
SBV: Aus welchen Ländern kommen die Sammler zur India Art Fair?
SA: Es sind viele und stetig zunehmend Sammler aus Indien, aber auch aus der Türkei. Einige kommen mit der Chriestie´s Gruppe aus dem Nahen Osten. Der Markt ist noch klein in Indien, aber die starke, wachsende Mittelschicht verspricht steigende Umsätze.
SBV: Wie sehen Sie den rasant wachsenden Markt für Kunstmessen?
SA: Das passiert ja erst in den letzten 4-5 Jahren, seit wir in Hongkong begannen. Jetzt starten immer mehr gute Messen in interessanten Städten, gut ein halbes Dutzend mittlerweile.
SBV: Ist der Markt groß genug für so viele Kunstmessen?
SA: Das ist die Frage. Aber zur Art Basel Hongkong beispielsweise haben sich 500 Galerien angemeldet – das Interesse ist da, denn diese Messe verspricht eine starke Sammlerbasis.
SBV: Wird es dann bald eine zweite Messe in Hongkong geben?
SA: Der Bedarf dafür besteht, aber es gibt nicht genug Platz in Hongkong.
SBV: Wird Singapur ein wichtiger Ort für den Kunstmarkt werden, reichen der Bau eines großen Freihafens und des neuen Galerie-Zentrum Gilman Baracks aus, um Sammler anzusprechen?
SA: Ich weiß es nicht. Die Regierung investiert sehr viel Geld und Engagement. Aber ich habe sehr unterschiedliche Berichte über die Geschäfte auf der Messe Art Stage gehört.
SBV: Im September planen Sie die AII. Sehen Sie in Istanbul eine große Basis an Sammlern, werden nicht nur die wenigen türkischen Sammler adressiert?
SA: Istanbul ist ein außergewöhnliches Zentrum der Welt. Der Nahe Osten, Russland, aber auch Asien und Europa sind nicht weit – das ist ein enormes Potential. Ich sehe in Istanbul die Möglichkeit, eine der wirklich wichtigsten Messen der Zukunft zu etablieren. Geographisch bedingt, aber auch, weil es so eine wunderschöne, komplexe Stadt ist, in die jeder gerne reist – was für Sammler sehr wichtig ist.
SBV: Erwarten Sie ein verstärktes Interesse an der Messe durch die parallel eröffnende Istanbul Biennale?
SA: Das ist ganz sicher eine Hilfe. Die Messe findet ja auch in räumlicher Nähe statt, in der Hasköy Yarn Factory im zentralen Stadtteil Beyoglu.
SBV: ShContemporary hat diese Gleichzeitigkeit mit der Shanghai Biennale versucht und ist gescheitert, ebenso die Messe, die nur einmal parallel zur Biennale Venedig stattfand – ist das wirklich ein sicheres Rezept?
SA: Das variiert natürlich von Stadt zu Stadt und hängt eng mit der Unterstützung der Galerien ab. In Istanbul wächst das Interesse an zeitgenössischer Kunst in den letzten Jahren enorm, die Zahl der Galerien und auch der Sammler steigt stetig. Die Stadt ist bereit für eine gute, internationale Messe.
SBV: Ist der türkische Kunstmarkt nicht ähnlich wie der indische eher ein Binnenmarkt mit wenig Interesse an internationaler Kunst?
SA: Ich sehe in Istanbul gerade eine ungeheuer spannende Möglichkeit, die sonst nirgendwo derartig besteht. Als wir uns Hongkong überlegten, sprachen für den Standort vor allem die Steuer-Bedingungen, um Galerien zu einer Teilnahme zu überzeugen. Seit wir die Messe 2008 begannen, haben mehr und mehr große Galerien dort Filialen eröffnet. Ein ähnliches Potential sehe ich auch in Istanbul.
SBV: Herzlichen Dank für das Gespräch.