Kapitale Schenkungen für das MUMOK

13. Nov. 2018 in Ausstellungen

Gerade erst zeigte ein Berliner Galerist seine Kunstsammlung im Wiener Museum MUMOK, da folgt schon der nächste Gastauftritt eines deutschen Sammlers. Fällt der Direktorin Karola Kraus nichts anderes mehr ein oder warum verwandelt sie das renommierte MUMOK schon wieder in ein Wohnzimmer für private Schätze? „Anlässlich meiner Antrittsausstellung Museum der Wünsche 2011 habe ich das Sammeln als zentrale Kernaufgabe des Museums genannt und halte daran auch trotz immer stärker schwindender Budgets fest,“ erklärt Kraus. Wir sitzen in ihrem Büro, in den Regalen hinter ihr ist prominent eine Schallplatte von Kai Althoff aufgestellt, ein Foto von Franz West, aber auch eine Urkunde, die ihr letztes Jahr für besondere Verdienst im „Museumswesen“ verliehen wurde. Zu den Verdiensten gehört auch die Tatsache, dass Kraus seit ihrem Antritt 850 Schenkungen an das Haus binden konnte, darunter allein 140 aus der österreichischen Sammlung Bogner. Denn ohne solche Gaben geht es nicht mehr. Während laut Kraus das Kölner Ludwig Museum rund 1.5 Millionen Euro Ankaufsbudget zur Verfügung habe, habe das MUMOK nur 220.000 Euro. „Das ist ein sehr bescheidenes Budget. 1980 konnte ich mein erstes Werk von Martin Kippenberger für 100 DM kaufen, heute kostet die Kunst an Akademien schon ein Vielfaches.“
Da bleibe kaum Spielraum. Aber können die österreichischen Museen nicht völlig frei über das Gesamtbudget und damit auch über Ankäufe bestimmen? Ja, aber da die „Basisabgeltung gerade die Personal- und Betriebskosten abdeckt, müssen wir die gesamten Ausstellungs-, Vermittlungs-, Forschungs- und alle weiteren Kosten selbst erwirtschaften“, so Kraus. „Um unseren Sammlungsauftrag seriös erfüllen zu können, ist es meine zentrale Aufgabe, Schenkungen an das Haus zu binden.“ Und da kommen die Sammler ins Spiel. Schon vor einigen Jahren überließ Wilhelm Schürmann dem MUMOK Fareed Armalys Installation „Contact“, die er eigens für das Museum adaptiert hatte. Letztes Jahr sei Schürmann auf sie zugekommen und habe angekündigt, dem Haus noch weitere Werke schenken zu wollen, „weil das MUMOK seiner Meinung nach so mutige und tolle Ausstellungen macht, was er in den deutschen Museen oft vermisst“. So entstand vor etwa einem Jahr die Idee einer gemeinsamen Ausstellung. Die ersten Vorgespräche fanden in Wien statt. Und als sie dann nach Aachen zu dem Sammlerehepaar kam, stand die Schau schon. Wäre es nicht spannend gewesen, den Blick der Museumsdirektorin auf die Sammlung zu sehen? „Das kann ich nicht machen, weil ich in der Sammlung nicht so drin bin wie Wilhelm Schürmann. Seine Sammlungsphilosophie ist ja keine Jagd auf Trophäen, sondern setzt generationsübergreifend bestimmte Schwerpunkte“, argumentiert sie den kuratorischen Alleingang. „Als Sammler setzt er die Dinge im Kopf zu einem großen Gespinst zueinander. Aber wir haben fast täglich telefoniert.“ Und sie traf „eine Vorauswahl, die auch berücksichtigt wurde, darunter Franz West, Heimo Zobernig und Martin Kippenberger“ – übrigens drei Namen, die im MUMOK ein erstaunliches Dauerabonnement haben. Alle drei waren auch in dem Gastauftritt der belgischen Sammler Annika und Anton Herbert dabei, bei dem Galeristen Alexander Schröder gehörte Kippenberger zur Auswahl.
Allen Sammlern stellte Kraus eine explizite Bedingung: „Ich habe vorab gesagt, dass die Präsentationen mit einer kapitalen Schenkung verbunden sein müssen.“ Galerist Alexander Schröder schenkte dem Haus u.a. Kai Althoffs „Stigmata aus Großmannssucht“ (2000). Schenkungswert: 650.000 Euro. Was wird das Ehepaar Schürmann hergeben? „Das wird nicht wie bei Alexander Schröder ein großes Einzelwerk sein, sondern mehrere. Er schnürt gerade zusammen mit seiner Frau ein Paket. Im September wird er mir dann seinen Vorschlag unterbreiten, ich kann aber auch Wünsche einbringen.“ Werden noch weitere Sammlereinladungen folgen, vielleicht zur Abwechslung einmal aus Osteuropa? „Ich habe die Kontakte dafür nicht, aber unser Kurator Rainer Fuchs arbeitet bereits daran.“

veröffentlicht in: Welt, 7.10.2018