News zur Viennafair 2012

26. Jan. 2012 in Kunstmesse

Lange schon gärten die Gerüchte um eine Neustrukturierung der VIENNAFAIR. Der Hauptsponsor Erste Bank wolle die junge Wiener Kunstmesse übernehmen, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Weit gefehlt, denn nun hat das eine private russische Investorengruppe getan, wie gestern bekannt gegeben wurde. Eine interessante Konstruktion. Denn seit ihrer Gründung 2005 punktet die VIENNAFAIR vor allem mit ihrem osteuropäischen Schwerpunkt. Doch die kleine, zuletzt 127 Galerien präsentierende Veranstaltung tut sich noch schwer und wurde 2011 von gerade einmal 16.251 Menschen besucht. Zudem hadert sie mit einer deutlich suboptimalen Menge an privaten und institutionellen Verkäufen, um es freundlich auszudrücken.

Genau das will der neue Linzenzpartner Sergey Skaterschikov nun ändern. Skaterschikov hat sich mit seiner Firma Skate‘s LLC mit Sitz in New York auf Kunstinvestment spezialisiert. Dort führt er Datenbanken über die teuersten, über unterbewertete und die gewinnträchtigsten Künstler, erstellt einen „art-stocks index“ und maßgeschneiderte „art reports“ für Sammler. Keine ganz neue Idee. Wenn er über Kunst redet, spricht der gebürtige Russe vor allem von „Investmentqualität“. In Moskau gründete er denn auch rasch den Insider´s Club, zu dem er 90 russische Millionäre und Milliardäre einlud.

All dies sind Aktivitäten, die klar darauf abzielen Blue-Chip-Kunst an den Sammler zu bekommen. Genau das aber will die VIENNAFAIR nicht bieten, wie die künstlerischen Messeleiter Hedwig Saxenhuber und Georg Schöllhammer betonen. Stattdessen suchen sie nach „neuen Geografien der Kunstwelt“, „jenseits des Immergleichen der Bluechips“. Schöner Plan. Aber können sie damit die Absichten des neuen Investors erfüllen? Investierte der Messeeigentümer Reed Exhibitions bisher 1,2 Millionen Euro in die Kunstmesse, so verdoppelt Skaterschikov das Budget, erhöht vor allem den Etat fürs Marketing und die Angebote für Sammler. Gezielt sollen vor allem kaufkräftige Kunstliebhaber angesprochen werden– ob er die Mitglieder seines Clubs zum Kauf junger Kunst in Wien überzeugen kann? In Wien gebe es erstaunlich viele art funds, betonte Skaterschikov jedenfalls schon auf der Pressekonferenz. Aber auch hier wieder: Kunst als Investment sucht die sichere Seite, nicht junge Kunst aus neuen Märkten. Spätestens 2014 jedoch soll die kleine Messe ein „big ticket“ sein, gibt sich Skaterschikov überzeugt: eine wichtige und vor allem gewinnbringende Veranstaltung.

Wen die allzu offensiven ökonomischen Interessen erschrecken, der wird sich von der neuen Partnerschaftskonstruktion kaum beruhigen lassen: 70 Prozent hält Skaterschikov mit seiner in Wien ansässigen Investmentfirma Next Edition Partners GmbH, unterstützt von dem russischen Immobilienentwickler Dmitry Aksenov. Die verbleibenden 30 Prozent hingegen hält eine Gruppe Österreicher, darunter der ehemalige MUMOK-Direktor Edelbert Köb, mehrere lokale Sammler und die Architektin Marta Schreieck. Sie alle sollen „die lokale Kunstszene vertreten“, verlautet man. Was auch immer das konkret bedeuten mag. Eines jedenfalls ist sicher: Ohne lokale Anbindung funktioniert auch das beste Investmentkonzept nicht. Zumal die Idee, der Messe in den nächsten Jahren keinen fixen Termin zu geben, sondern sie munter durch die Herbstmonate wandern zu lassen auch nicht eben zur Stabilisierung des Ganzen beitragen wird. Ob sich die gemütliche Barockstadt an der Donau zum emsigen, möglichst noch hochpreisigen Umschlagplatz für zeitgenössische Kunst entwickeln wird, bleibt also fraglich. Glücklicherweise.

VIENNAFAIR 2012 – Wien. Vom 20. bis 23. September 2012

Veröffentlicht in: www.artnet.de, 26. Januar 2012

http://www.artnet.de/magazine/news-zur-viennafair-2012/

http://www.artnet.de/content/DesktopModules/PackFlashPublish/ArticleDetail/ArticleDetailPrint.aspx?ArticleID=4273&Template=Article_Print.ascx&siteID=0