In die Wege geleitet wurde es bereits von der Vorgängerregierung, die Umsetzung folgte jetzt: Die Kuratoren für den Österreich Pavillon der Biennale Venedig werden über eine offene Ausschreibung gesucht und von einer unabhängigen Jury gewählt. Jetzt wurde der erste Probelauf abgeschlossen: Am 3. April wurde der Beitrag des Österreich Pavillons für die Architektur Biennale Venedig 2020 bekannt gegeben. An der Ausschreibung hatten sich 39 Büros beteiligt, es folgte ein dreistufiges Verfahren: eine Longlist mit 6 Büros, Hearings und eine Dreier-Liste, die zuletzt mit Kulturminister Blümel diskutiert wurde. Gemeinsam entschieden sie sich für Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer.
Beide sind Direktoren des Centre for Global Architecture, eine an der TU Wien angesiedelte Initiative zum Studium „planetarischer Veränderungen“, die „spatial productions“ untersucht, wie es dort heißt.Und beide betreiben zusammen das Büro ThinkArchitecture für „research on art, architecture and politics“. Ihren Beitrag für die Architektur Biennale Venedig betiteln sie „Platform Austria“ und werden den digitalen Raum auf eine analoge „Bühne für einen Austausch“ überführen, „um sich Gedanken über die Zukunft zu machen“, wie es Mörtenböck auf der Pressekonferenz beschrieb. Ursprünglich als Begriff für eine Struktur aktiver Partizipation geprägt, ist unsere Rolle heute bei ´Plattformen´ wie Amazon, google oder Airbnb lediglich die eines Konsumenten. Es ist „ein Sammelbegriff, der ein Phänomen beschreibt, das nur über Effekte sichtbar ist“, erklärte Mooshammer. „Mit Plattform-Mentalität geht Kurzfristigkeit einher.“
Mit den digitalen Plattformen gehen neue Formen von Lebenskultur einher, die unsere Stadträume verändern. „Was wünschen wir uns und wie können wir damit umgehen“, das seien Themen für die geplanten Gespräche und Diskussionen. Im Österreich Pavillon wird der Begriff der Plattformen offenbar rück-angeeignet, soll Gemeinschaft hergestellt und unter dem geplanten hashtag #welike verbreitet werden. Jede Woche wird ein anderer Architektur-blogger eingeladen. Für die Gestaltung der Begegnungs- und Austauschzonen luden die beiden Kuratoren das Wiener Architekturbüro mostlikely sudden workshop ein, die bekannt sind für ihre Gestaltungen gemeinschaftlicher Nutzungen von Stadträumen. Vor dem Pavillon sind Ruhezonen geplant, im Innenhof des Josef Hoffmann-Pavillons sollen kostenfreie Getränke ausgeschenkt werden.
Für Kulturminister Blümel ist dieses Projekt ein Glücksfall: Die Digitalisierung und deren Konsequenzen ist eines der drei Schwerpunktthemen der amtierenden Regierung. Auf seiner Jahrespressekonferenz Ende 2018 gab er bekannt, dass es 2019 eine Ausschreibung zum Projekt „Kunst im digitalen Raum“ geben soll. Geplant ist es für 2020/21. Budgetiert mit 5 Millionen Euro, zahlt der Bund die Hälfte, der Rest soll durch Länder-Förderungen zusammenkommen – ein Österreich-weites Gemeinschaftsprojekt also. Das Budget für den Österreich Pavillon dagegen beträgt nur 450.000 Euro.
Jury: Architektur Biennale-Kommissärin 2018 Verena Konrad (Direktorin Vorarlberger Architektur Institut); Marie-Therese Harnoncourt und Ernst Fuchs (Next Enterprise); Matthias Boeckl (Chefredakteur Architektur Aktuell); Andreas Ruby (Direktor Architekturmuseum Basel)
17. Architektur Biennale Venedig findet vom 23.Mai – 20. November 2020 statt.
In kürzerer Form veröffentlicht in: Kunstforum online, 4.4.2019