26. Sao Paulo Biennale 2004: Freie Territorien

14. Okt. 2004 in Biennalen

Simon Starling, Sao Paulo 2006

Simon Starling, 26. Sao Paulo Biennale 2006

Gerade eröffnete die 26. Sao Paulo Biennale – nach Venedig sowohl die zweitälteste als auch zweitwichtigste Großausstellung. Veranstaltungsort ist die faszinierende Messehalle von Brasiliens Stararchitekten Oscar Niemeyer. „Brasilianischer Barock“ wird sein Stil aus geschwungenen Linien genannt – grandiose minimalistische Gebäude, die mehr Skulptur als Haus zu sein scheinen.
Drei wandfreie Etagen mit jeweils 10.000 qm stehen zur Verfügung, in die der künstlerische Leiter Alfons Hug behutsam nur wenige Wände einfügen ließ. Mitten im Raum der zweiten Etage führen Rolltreppen nach unten. Um diese Situation herum baut Thomas Demand als Deutschland-Vertreter eine streng an Niemeyers Architektur orientierte Holzbox, in der sein animierter Film und seiner Fotografien präsentiert sind. Auch die Schweiz-Vertreter Frederic Moser und Philippe Schwinger bauten eine Box, allerdings als Bühne für ihren bemerkenswerten Film „Unexpected Rules“. Solche isolierten Situationen sind allerdings eher selten, denn Hugs diesjähriges Konzept basiert darauf, die 47 Länderbeiträge mit den 135 eingeladenen KünstlerInnen räumlich zu vermischen, was erstaunlicherweise hervorragend funktioniert. In der dritten Etage sind die Videos zum „Multiplex“ versammelt, im zweiten Geschoß liegt der Schwerpunkt auf Malerei und Fotografie, im Erdgeschoß versammelt Hug die großformatigen Objekte zu einem „Skulpturengarten“.
Neben allerhand metaphern-überladenen Großskulpturen überzeugen hier Simon Starlings auf den Kopf gestelltes Segelboot und der wunderbar verspielte Österreich-Beitrag von Leo Schatzl. „Autorotation“, wörtlich genommen: ein an zahlreichen, dicken Gummibändern aufgehängter VW-Käfer, der sich um sich selbst drehen lässt.
Als übergreifendes Thema sämtlicher Beiträge rief Hug die Biennale als „Freies Territorium“ aus, ein „extraterritoriales Gebiet, in dem die Künstler ihre utopischen Siedlungen errichten“. Darunter subsummiert sich das Video einer ungewöhnlichen Bootsfahrt des jungen Brasilianers Fabiono Marques, ein herausragender Raum von Thoms Struths neuen Fotografien aus Peru, die suggestive Malerei von Toba Khedoori oder die kryptisch-erzählerischen Tücher von Hans Hamid Rasmussen.

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Ob man das Motto der ´Freien Territorien´ in solche verschiedenen Beiträgen wiederfindet, wird nebensächlich. Wirklich konsequent setzt es sich das Thema nur in einer organisatorischen Entscheidung um: der Eintritt zur Biennale ist kostenlos – und damit ein Besucherzahlen-Rekord in der rund 19 Mio-Stadt garantiert.

publiziert in: Kunstbulletin Okt. 2004