Maria Lassnig: Filme und andere Meisterwerke

03. Apr. 2024 in Ausstellungen

Maria Lassnig im Künstlerhaus Wien 2024. Foto: M. Nagl

Lange hat es gedauert, bis Maria Lassnig endlich als das gewürdigt wurde, was sie ist: eine der wichtigsten Künstlerinnen unserer Zeit. Jetzt widmet ihr das Künstlerhaus Wien eine kleine Personale mit Schwerpunkt Filme.

Geboren 1919 in Kärnten, dauerte es bis in die 1990er Jahre, bis Maria Lassnig an der documenta in Kassel teilnahm und große Einzelausstellungen erhielt. Dabei ist nicht nur ihre Malerei dank der schonungslosen Bildmotive, der pastelligen Farbpalette und eigenständigen Kompositionen großartig. Auch mit ihren Trickfilmen betrat sie Neuland. Schon in den 1970ern gründete sie in New York die Women Artist Filmmakers Inc, um Filme zu vertreiben. 1982 startete sie an der Universität für Angewandte Kunst Österreichs einziges Lehrstudio für Trickfilm – das bis heute besteht.

Aber mit ihrem zunehmenden Erfolg als Malerin wollte Maria Lassnig ihre Filme nicht mehr zeigen. Vieles lagerte sie im unfertigen Zustand in einer Kiste auf ihrem Dachboden in Kärtnen. Sie wehrte auch jedes Reden darüber ab. Und verfügte, dass die Restaurierung des schlummernden, unvollendeten Materials erst nach ihrem Tod erlaubt sei. 2014 verstarb Maria Lassnig, seither konnten ihr engen Vertrauten Mara Mattuschka und Hans Werner Poschauko die Filme teilweise nach genauen Schnittanweisungen rekonstruieren.

Maria Lassnig im Künstlerhaus Wien 2024. Foto: M. Nagl

Experimente in New York

Jetzt widmet das Künstlerhaus Wien Maria Lassnig die wunderbare, kleine Ausstellung „Selbst als Kamera“ mit einer Auswahl ihrer Kurzfilme, Filmplakaten und Zeichnungen. Auf die Frage, warum sie überhaupt mit Filmen anfing, verwies Lassnig auf New York. Es sei die Stadt der Filmemacher, sagte sie einmal, „New York ist Schuld daran“. Von 1968 bis 1980 lebte sie in der US-Metropole, die zu jener Zeit der Hot Spot der Kunst war, von wo ein neuer Trend nach dem anderen die – damals noch sehr kleine – Kunstwelt eroberte. Dort belegte sie einen Zeichentrick-Kurs, kaufte sich eine 16-m-m-Filmkamera und experimentierte mit dem neuen Medium. Den Begriff ´Trickfilm´ lehnte sie für ihre Werke immer ab, sie bevorzugte ´Animationsfilm´. Zu Maria Lassnigs frühesten und auch berühmtesten Filmen jener Jahre gehört ihre „Soul Sisters“-Serie über befreundete Frauen und „Selfportrait“. Der fünfminütige Stop-Motion-Film  basierte auf ihren Bildern. In schneller Form werden ihre Gesichter überblendet, mal mit Zügen von Greta Garbo, dann von Bette Davis oder als Freiheitsstatue, gegen Ende mit einer Kamera vor dem Gesicht erzählt ihre Stimme dazu von sich selbst.

Tiere und Kunstgeschichte

Maria Lassnig im Künstlerhaus Wien 2024. Foto: M. Nagl

Dominiert in ihrer Malerei die von ihr genannte „Bodyawareness“, reflektiert sie in ihren Filmen oft weibliche Rollenmuster. Ganz anders dagegen „Dogfilm“, der drei Minuten lang teils in Überblendungen und Mehrfachbelichtungen eine Collage aus Nahaufnahmen und privaten Momenten mit Hunden zeigt, mal zähnefletschend, mal zahm. In der Ausstellung ist passend dazu eine ganze Wand mit großartigen Tier-Zeichnungen gefüllt. Mit wenigen Strichen gelingt es ihr, Löwen, Tiger und Hunde in entspannten Posen kuschelig aussehen zu lassen – manche wurden zuvor noch nie ausgestellt.

Wie anders dagegen Maria Lassnigs Film „Art Education“ von 1976. Es ist eine feministische Umdeutung kunsthistorischer Ikonen, denen sie einen humorvoll-kritischen Text verpasst. Da lässt sie etwa die Figuren in Michelangelos „Erschaffung Adams“ Selbstgespräche führen. Wir sehen das berühmte Detail, das der italienische Meister als Teil des Deckenfreskos für die Sixtinische Kapelle malte, wo Gottvater mit ausgestrecktem Zeigefinger Adam zum Leben erweckt. Bei Lassnig führt das zu Reflexionen über die Frage nach Göttinnen, aber auch über die Existenz Gottes: „Wenn Gott eine Erfindung ist, kann ja jeder Gott sein.“