CAN Art Ibiza – Strand, Party & Kunst

30. Jun. 2025 in Kunstmarkt, Kunstmesse

CAM Ibiza Art Fair-Fahnen vor der Kulisse von Ibiza Stadt, Courtesy Mariasantosphotography_BANDEROLAS1

Die Kunstmesse CAN Art Ibiza, die Fondacion La Nave Salinas, die kleine Galerie Can Garita, das Museum oben in der ehemaligen Festung – die spanische Insel hat weit mehr zu bieten als Strand & Party.

Mit großen Augen schaut eine Eule uns an. Sie ruht auf einem Tannenzapfen. Hier im Hafen von Ibiza ist das gut zwei Meter große Bronzetier eine höchst merkwürdige Erscheinung. Denn dieser Waldbewohner gehört so gar nicht auf die spanische Insel.

Stefan Strumbel, Eule. Bronze. Ibiza, 2025

Aufgestellt hat das exotische Tier der deutsche Künstler Stefan Strumbel als Teil des Off-Programms der CAN Art Ibiza. 2022 gegründet, findet die kleine Boutique-Messe mit gut 30 Galerien heuer zum vierten Mal in der Messehalle statt. Es ist eine niedrigschwellige Kunstmesse, die allerhand Farbenfrohes zum Dekorieren der Ferienhäuser bietet.

Beach-Style auf der Kunstmesse

CAN Ibiza Art Fair 2025. Foto: Sayana Cairo

Leger gekleidet schlendern die Eröffnungsgäste durch die Gänge. Es dominiert der lockere Beach-Style, gerne blumig und luftig, was eine herrlich entspannte Atmosphäre schafft. Die vielen nackten Arme, Beine und Bäuche zeigen freizügig Tattoos, die bisweilen an einige der ausgestellten Cy Twombly-ähnlichen Abstrakten erinnern.

Am Stand der Galerie Ruttkowski 68 begegnen wir dann wieder einer Eule, dazu Füchse, Eichhörnchen. Sogar eine Kuckucksuhr hängt an der lila gefärbten Wand. Galerist Niels Müller nennt es „bewusst folkloristische Werke“. Er ist Sohn des berühmten deutschen Musikers und Entertainers Helge Schneider. 2010 gründete Müller seine erste Galerie in Köln. Bald folgten Düsseldorf, Bochum, zuletzt New York.

Fragen nach Herkunft und Heimat

An der CAN Art Ibiza nimmt er zum vierten Mal teil. Er habe hier schon einige Sammler, es sei vor allem eine spanische Klientel, aber auch einige Ferienhausbesitzer. Für Ibiza habe sein Künstler gezielt Erinnerungen aus dem Schwarzwald auf die Insel gebracht, erklärt Müller, um Fragen nach Herkunft und Heimat anzusprechen.

Tourismus auf Ibiza

Das sind auch auf der Balearen-Insel durchaus brisante Themen. Denn immer wieder landen an Ibizas Stränden Boote aus Afrika, die Küste ist nur 250 Kilometer entfernt. Die Flüchtlinge treffen dann auf die sonnenanbetenden Touristen in Partylaune. Auch die sind Fremde. Rund 150.000 Ibizenker leben auf der Insel. Per Flugzeug wurden sie letztes Jahr von 4.531,856 Touristen besucht, dazu kamen rund eine Millionen per Linien- und Kreuzfahrtschiffen. Dabei ist die Insel gerade einmal 40 Kilometer lang und 20 Kilometer breit. Die meisten Touristen drängen sich in vier kleinen Ortschaften im südlichen Teil der Insel, die mit Hotels und Ferienwohnungen hoffnungslos zugebaut sind. Dort sind auch all die Tanzclubs, für die Ibiza so berühmt ist. Noch ist die Wohnungssituation für die Einheimischen nicht so dramatisch wie auf der Nachbarinsel Mallorca, aber es regen sich bereits Proteste. Allerdings stammen 98 Prozent von Ibizas Einnahmen aus dem Tourismus.

La Nave Salidas, Ibiza, Foto: Mejorado

Kunstraum im südlichen Zipfel von Ibiza

Umso wichtiger ist es den Inselpolitikern, dass es auch Aktivitäten für die Bevölkerung gibt. Dazu gehört die Fundation La Nave Salinas. Im äußersten südlichen Zipfel gelegen, diente das in den 1940er Jahren gebaute Haus zunächst als Lager, bis es Lio Malca erwarb und 2015 als eine Art Kunsthalle eröffnete. Mehr als 1000 lokale Schulkinder besuchen die Solo-Ausstellungen in dem kathedralenartigen Raum jährlich.

La Nave Salidas, Ibiza. Lio Malca (rechts), Spencer Lewis (Mitte)

Er wollte „Museumsqualität in der Kunst und in der Präsentation“ auf die Insel bringen, erklärt der in Kolumbien geborene, in USA und Ibiza lebende Sammler. Und ergänzt: „Auf der Insel braucht man überall eine Kreditkarte. Hier ist der Eintritt kostenlos“. Heuer zeigt er 14 Gemälde des US-Künstlers Spencer Lewis. Den Boden des dunklen Raum ließ er eigens für Lewis´ expressive, farbintensive abstrakte Malerei mit einer dicken Schicht von strahlend weißen Salzkristallen auslegen. So wirken die sparsam mit Punktstrahlern erleuchteten Werke umso dramatischer.

Spencer Lewis, Courtesy La Nave Salidas, Ibiza 2025

Invasion der Hufeisennattern

Ganz im Norden der Insel lässt der Massentourismus deutlich nach. Hier lenkt die belgische Künstlerin Edith Dekyndt unsere Aufmerksamkeit auf ganz andere ´Fremde´: Schon in den 2000er Jahren waren Eier von an sich harmlosen Hufeisennattern in den Wurzelballen von Olivenbäumen unbemerkt auf die Insel eingeschleppt worden. Ohne natürliche Feinde konnten sie sich enorm vermehren. Mittlerweile begegnet man den bis zu 1.80 Meter langen Exemplaren in Gärten und Parks, in Hotelanlagen und sogar im Meer.

Edith Dekynth, Heaven´s Gate, 2025. Courtesy Gallery Can Ganita

„Heaven´s Gate“ betitelt Dekyndt ihre Ausstellung in Can Garita, benannt nach der Bucht, wo sie die Häute fand. Can Garita ist krass konträr zu dem Getummel auf der Messe und der gewaltigen Halle von La Nave Salinas. Es ist ein kleiner, karger Betonraum, der für die Sommermonate als Galerie dient, aber eigentlich eine kleine Boot-Garage ist. Das Tor ist nur ein Bretterverschlag, vor der Tür stehen Kanus. Innen dient ein einfaches Holzpodest als Sockel für kleine Skulpturen aus Olivenholz, die mit schillernd schimmerndem Harz ummantelt sind. Dahinter läuft ein Video, in dem aneinander genähte Schlangenhäute wie eine Fahne im Wind flattern. Sie wollte etwas zeigen, das „minimal und radikal“ sei, erklärt Galeristin Sarah Suco Torres – welch ideale Ergänzung zu den bunten Idyllen auf der CAN-Messe.

Ibiza als Zufluchtsort für Künstler 

MACE, Ibiza. Courtesy Tourism Ibiza

Will man tiefer in die Kunstgeschichte der Insel eintauchen, hilft das Museo D´Art Contemporani D´Eivissa (MACE). In der ehemaligen Festung hoch über Ibiza-Stadt eröffnete es schon 1969 in einer Zeit, als hier nicht nur Hippies, sondern auch sehr viele Künstler lebten. Bekannt ist die Ibiza Group 59, die vornehmlich deutsche Künstler und eine Künstlerin vereinte. Sie waren den Nazi- und Kriegsgebieten entflohen, lebten und arbeiteten auf Ibiza und betrieben damals sogar eine Galerie – in einer Hotelhalle.

Aber es gab kaum Käufer, der Insel-Hype setzte erst zwei Jahrzehnte später ein. 1964 wurde die Gruppe aufgelöst. Bis heute erhalten ist dank einer Spende das Haus von Erwin Broner, der bis zu seinem Tod auf der Insel lebte. Seine Witwe vermachte das Haus dem MACE, die es als Außenstelle erhalten – ein Geheimtipp auf der Insel. Vielleicht wird ja einmal auf der CAN an die frühen Ibiza-Künstler erinnert werden?
veröffentlicht in gekürzter Form in: Die Presse, 29.6.2025
CAN Art Fair, 25.-29.6.2025

MACE Ibiza. Courtesy Tourism Ibiza