16.Abu Dhabi Art: Droht die Übernahme durch die Art Basel?

27. Nov. 2024 in Kunstmarkt

16. Abu Dhabi Art 2024. Courtesy ADA, DCT

Es war nur ein Gerücht, das das online-Magazins Artnews letzte Woche veröffentlichte: Art Basel werde von Abu Dhabis Department of Culture and Tourism (DCT) ein Investment von 20 Millionen Dollar für die Übernahme der Abu Dhabi Art (ADA) erhalten. Wohlgemerkt: kein Kauf, sondern ein Geschenk an die Schweizer Muttergesellschaft MCH.

Und plötzlich richten sich alle Augen auf die bisher eher periphere Messe in Abu Dhabi. 2007 gegründet, gehört Abu Dhabi Art seit 2009 dem staatlichen DCT. Gerade eröffnete die 16. Abu Dhabi Art bei herrlichen Tagestemperaturen von rund 30 Grad. 102 Galerien nehmen teil. Erstmals dabei sind Antiquitätenhändler mit Schätzen wie die Asala-Collection: Daniel Crouch von Rare Books bietet die 33.000 Fotos von 1860-1990 für 2 Millionen an. Ihr Wunschkunde sei das rund 25 Gehminuten entfernte, noch im Bau befindliche Zayed National Museum, verrät er.

Junge Galerien auf der 16. Abu Dhabi Art

Eröffnung der 16. Abu Dhabi Art 2024. Courtesy ADA, DCT

Der Hauptfokus der Abu Dhabi Art liegt hier nach wie vor auf zeitgenössischer Kunst aus der Region mit Betonung des Globalen Südens. „Wir wollen die Messe als Knotenpunkt für Süd-Süd-Verbindungen etablieren“, erklärt Dyala Nusseibeh. Sie ist seit 2016 künstlerische Direktorin der ADA. Damals dominierten noch westliche Schwergewichte wie Hauser & Wirth oder Ropac die Messe am arabischen Golf. Mittlerweile nehmen solche Megagalerien nicht mehr teil. Stattdessen sind viele junge Galerien wie Warin Lab Contemporary aus Bangkok oder die erst im Januar gegründete Wusum Gallery aus Katar dabei. Auch für Bawa aus Kuwait ist es die erste Messebeteiligung überhaupt – und die perfekte Möglichkeit, Werke wie die spirituellen Wasserfarbenbilder von Alymamah Rashed prominent zu zeigen.

Sonderausstellung Gateway

Gateway, 16. Abu Dhabi Art 2024. Courtesy ADA, DCT

Zu den Höhepunkten der Messe gehört die kuratierte Sektion „Gateway“ mit fünf Künstlern aus Argentinien, Puerto Rico und Chile. Thema hier sind die „tiefen Verbindungen zwischen arabischer und lateinamerikanischer Kunst“, erklärt Nusseibeh. In Chile lebe die größte palästinensische Diaspora außerhalb arabischer Länder, spezifiziert Kuratorin Odessa Warren. Pro-palästinensische Bildelemente werden hier offen kommuniziert.

Dieser regionalen Ausrichtung entspricht auch das Eröffnungspublikum, das Stände wie jene der saudischen Galerie Athr in Scharen besuchte. Spektakuläre Verkäufe wurden wenige vermeldet. Hier geht alles eher langsam. Die meisten Werke richten sich preislich an einen kunstinteressierten Mittelstand. Aber es geht nicht nur um Verkäufe: „Wir verstehen die Messe als eine Plattform für Wissensproduktion und Austausch“, betont Nusseibeh.

Was bedeutet eine Art Basel-Übernahme?

Passt eine solches Messeprofil zur hochpreisig angelegten Art Basel? Passt eine politisch explizite Haltung zu der unpolitischen Strategie der Schweizer Messe? Würde eine Übernahme nicht den regionalen Charakter der Abu Dhabi Art vernichten? Fragt man die Galerien hier, sind sich die meisten einig: Ein solcher Schritt würde Kunst und Kunsthandel in der Region enorm stärken. Aber, das betonen viele, es müsste auf Augenhöhe sein, als gleichwertige Partner – ähnlich, wie es auch im Fall des Guggenheim Abu Dhabi ist. Die Interessen des Emirats, der Region müssen respektieren werden. Für die europäische Messe wäre es der Eintritt in einen – trotz aller Konflikte rundherum – rasant wachsenden Markt. Und der Standort wäre perfekt, nicht zuletzt dank des Klimas, der hohen Zahl von Luxushotels und der politischen Stabilität in den Emiraten.

veröffentlicht in: Die Presse, 24.11.2024
16. Abu Dhabi Art, 20.-24.11.2024