Ljubow Popova im MOMus MOMA, Thessaloniki

04. Jan. 2020 in Ausstellungen

Ljubow Popova, MOMus - Museum of Modern Art, Thessaloniki

Ljubow Popova, MOMus – Museum of Modern Art, Thessaloniki

Nur wenige Künstlerinnen haben es bisher in die männlich dominierte 1. Liga der Russischen Avantgarde geschafft – und dazu Ljubow Popova. Ein großes Konvolut ihrer Werke, dazu Tagebuchnotizen, Skizzen und Entwürfe befindet sich im Bestand der Costakis Collection im MOMus-Museum of Modern Art in Thessaloniki. Dort wird jetzt die große Künstlerin – parallel zur 7. Thessaloniki Biennale – in einer umfassenden Personale gezeigt. Die Ausstellung ist angelegt wie eine Erzählung ihres Lebens ist: Geboren 1889 in einer wohlhabenden Textilhändlerfamilie, begann Lujbow Popova bereits mit 18 Jahren ein Kunststudium in Privatateliers. Nach Reisen durch Russland zog es sie 1912 nach Paris, wo Ljubow Popova an der Academie de la Palette ganz vorne gehört. 1914 besuchte sie Italien. Aus ihren Begegnungen mit kubistischer und futuristischer Malerei dort entwickelte sie ihre Form des Kubofuturismus. Aber Ljubow Popova blieb nicht bei der Malerei, wandte sich ab 1920 Bühnenentwürfen zu – etwa die großartige Maschine mit mechanisch bewegten, politischen Parolen. Das erste kinetische Bühnenbild überhaupt! Ausgestellt ist davon in Thessaloniki nur ein Foto, auf dem man aber die vielen Details erkennen kann. Die damit verbundene Beschäftigung mit Schrift führte sie dann zum Graphik Design, Popova entwarf ihre eigene Schrift.

Ljubow Popova, MOMus - Museum of Modern Art, Thessaloniki

Ljubow Popova, MOMus – Museum of Modern Art, Thessaloniki

Hunderte Blätter mit Entwürfen von Slogans in ihrer typischen, fast kubistischen Schrift besitzt das griechische Museum. Ihr letzter Schritt ging zurück in die Familientradition, sie entwarf Textilmuster, meist auf der Grundlage ihrer kubofuturistischen, ungegenständlichen Raumbilder. Nur eines dieser großformatigen Bilder ist übrigens ausgestellt, dass uns aber eindrücklich ihre Experimentierfreudigkeit auch in der Malerei zeigt: Popova trug auf Holzplatten mit Marmorstaub angereicherte Farbe stellenweise dick und pastos wie Sand auf, an andere Stellen sieht man das Holz durch.
Mit 35 Jahren starb Popova 1924 an Scharlach, nur drei Tage nach dem Tod ihres kleinen Sohnes.

Ljubow Popova, MOMus - Museum of Modern Art, Thessaloniki

Ljubow Popova, MOMus – Museum of Modern Art, Thessaloniki

Die Schau im Museum in Thessaloniki zeigt eindringlich die Entwicklung ihres umfangreichen, multidisziplinären OEuvres. Dafür sind in die Museumsräume Holzkonstruktionen als kleine, offene Kammern eingebaut, in denen im intimen Rahmen aufgeschlagene Bücher, Notizen, Skizzen und Texte in Vitrinen liegen – ein perfektes Konzept, um uns nicht mit der Menge des Materials zu überfordern. Stattdessen ermöglicht der Wechsel zwischen Wandpräsentation und eingebauten Räumen es, einzelne Aspekte des enorm vielschichtigen Werkes dieser außergewöhnlichen Künstlerin zu vertiefen.
MOMus-Museum of Modern Art – Costakis Collection, Thessaloniki, 12.10.2019-1.3.2020