Louvre Abu Dhabi: Birth of a Museum

16. Mai. 2013 in Ausstellungen, Reisen

Louvre Abu Dhabi: Birth of a museum, 2013

Nichts ist zu sehen, weder das Guggenheim noch der Louvre oder eines der drei anderen Museen, die hier entstehen sollen. Dabei hatte Abu Dhabi 2007 mit dem Plan aufgeschreckt, schon bis 2012 die Wüste der Insel Saadiyat Island in ein „global cultural hub“ zu verwandeln. Aber dann kam die Wirtschaftskrise und damit der Baustopp. Während in den letzten Jahren die Galerienszene in Dubai stetig wuchs, in Sharjah die Biennale und seit kurzem die Vorbereitungen für 2014 als „Capital of the islamic world“ laufen, ging in Abu Dhabi nichts mehr weiter.

Zufahrt zur Baustelle Louvre Abu Dhabi

 

Baustelle Louvre Abu Dhabi

Jetzt ist das ehrgeizige Insel-Projekt wieder aktuell. Und erstmals werden auch Ankäufe für die neuen Sammlungen enthüllt.

Unter dem großspurigen Titel „Birth of a museum“ sind 130 Werk des Louvre Abu Dhabi in dem nur wenige Meter von der Louvre-Baustelle entfernten Kulturzentrum Manarat al-Saadiyat ausgestellt – und damit wird überraschenderweise alle vorangegangene Skepsis entkräftigt. Denn hier entsteht tatsächlich ein neues Museum, das nicht als Mini-Louvre das westliche Vorbild imitiert, sondern die Kunst zum Werkzeug eines anderen Selbstbewusstseins nutzt: Hier wird eine neue, eine globale Kulturgeschichte geschrieben.

Begonnen allerdings hat es anders: Jacques Chirac, Frankreichs Ex-Staatspräsidenten, habe dieses Projekt während eines UNESCO-Treffens in Paris 2005 zum Thema ´kulturelle Diversität´ zusammen mit dem damaligen Scheich Zayed bin Sultan al Nahyan geplant, erzählt der ehemalige französische Kulturminister Renaud Donnedieu de Vabres im Gespräch während der Eröffnung.

Renaud Donnedieu de Vabres (l)

Daher basiert dieses Museum auch auf einem Staatsvertrag – verbunden mit einer kostspieligen Vereinbarung: Mehr als eine Milliarde Euro zahlt Abu Dhabi für dieses Projekt, darunter 190 Mio. für das Recht, 10 Jahre lang Werke aus Paris auszuleihen; 195 Mio. für 4 Wechselausstellungen im Verlauf von 15 Jahren; 400 Mio. Euro für die Verwendung des Namens Louvre; 40 Mio. jährlich, um die Sammlung aufzubauen. Dazu kommt noch das stattliche Ankaufsbudget von 40 Mio. Euro pro Jahr. „Ökonomische Entwicklung durch kulturelle Dialoge“ (Vabres) wollte Chirac damals initiieren – was für Frankfreich ganz sicher  aufgegangen ist.

Laurence de Cars

Es sei ein „hochpolitisches Projekt“, erklärt auch Laurence de Cars, Kuratorische Direktorin ´Agence France-Museum´, die zusammen mit Olivier Gabet die Ankäufe betreut. Es beruhe nicht auf einer Privatsammlung, sondern begreife das „gemeinsame Kulturerbe als ein Netz von Verbindungspunkten“. „Spuren, die die Menschen hinterlassen“ sei der rote Faden, ergänzt die Projektleiterin Hissa Al Dhaheri. Die Sammlung spannt einen Bogen von der Antike bis zu Gegenwart – nicht chronologisch, sondern thematisch. Daher beginnt die Ausstellung mit einer Kombination von einer 4000 Jahre alten ´Baktrischen Prinzessin´, einer ähnlich alten Terrakotta-Figur aus Zypern und Yves Kleins „Anthropometry (ANT110)“ (1960).

Baktrische Prinzessin

 

Dancing Shiva

 

Bayern oder Österreich, ca. 1550

In „Birth of a Museum“ treffen in ganz didaktischer Weise religiöse Figuren von Shiva über Jesus bis zu einer afrikanischen Gottheit aufeinander, um Gleichwertigkeiten zu betonen. Aber auch Bilder von Giovanni Bellini, Edouard Manet, Pablo Picasso,

Pablo Picasso, Portrait of a Lady, 1928

Rene Magritte bis zu Piet Mondrian und Cy Twombly, Miniaturmalerei, chinesische Kalligraphie, Gefäße aus allen Kulturen sind in der Sammlung. Insgesamt umfasst die Louvre Abu Dhabi-Sammlung mittlerweile 460 Objekte, darunter viel Fotografie wie die erste Aufnahme einer verschleierten Frau in Ägypten 1843 von Joseph-Philbert Girault de Prangey.

Beginn der Ankäufe war Chriestie´s Yves Saint-Laurent-Auktion im Februar 2009. Damals meldete das Auktionshaus die Rekordsumme von 373 Mio. Euro – wozu Abu Dhabi maßgeblich beitrug. Allein Mondrians „Composition with blue, red, yellow and black“ (1922) wurde für 21.569 Mio. (geschätzt auf 7-10 Mio; 27.805,131) ersteigert, ein Hocker von Pierre Legrain für 457.000,- Euro (589.130,-).

A Young Emir Studying, Osman Hamdy Bey

Adressat des Museums, das wird mit diesem ersten Einblick in die Sammlung deutlich, sind keineswegs in erster Linie Touristen oder westliche Firmenmitarbeiter. Die Museen dienen der Ausbildung der Emiratis, erklärt Mubarak Al Muhairi, Generaldirektor Abu Dhabi Tourisms & Culture Authority in kleiner Gesprächsrunde. „Wir planen für die nächsten Generationen. Wir zeigen unsere Kultur im Dialog mit allen Teilen der Welt.“ Und Zaki Nusseibeh (Berater des Scheichs) ergänzt: „Viel zu lange gab es nur westliche Museen mit Trophäen. Wir dagegen wollen die vielfältigen Verbindungen aufzeigen“ – und diese Region, muss man ergänzen, in die Kunstgeschichte eingeschrieben.

HE Mubarak Al Muhairi (l), Rita Aoun-Abdo, HE Zaki Nusseibeh

Genau diesem Anspruch folgt auch die Sammlung des Guggenheim Abu Dhabi. Auf 30 Jahre ist der Vertrag mit dem US-amerikanischen Museum über Expertise, Leihgaben und temporäre Ausstellungen abgeschlossen. Auch hier gilt das Motto „Bildung und Dialog“ (Rita Aoun-Abdo, Abu Dhabi Tourism & Culture Authority). Es ist ein „transnationales Museum mit Blick auf die ungeschriebenen Modernen“, lesen wir. Angekauft werden Werke ab 1940 aus dem Nahen Osten und anderen Regionen, ab 1960 aus dem Westen. Da treffen El Anatsuis (Ghana) riesige Tücher aus Metallstücken auf Youssef Nabils Portraitfotografien (Ägypten), Heinz Mack (Deutschland) auf Monika Sosnowska (Polen), Jeff Koons (USA) Pop-Objekte auf Feng Mengbos (China) Serie von 42 Bildern „Game Over Long March“ oder die Spiegelmosaike der 1924 geborenen Monir Sharoudy Farmanfarmaian (Iran) auf James Rosenquists´ (USA) 4 Meter langes Werk “Conveyor Bell“ (1964), das schon auf der Chriestie´s Auktion 2006 in New York  für $ 912.000,- den Zuschlag erhielt.

Mit der Guggenheim-Sammlung einher gehen aber auch Selbstbestimmungen wie die Frage ´Wie kann man den Nahen Osten definieren´, oder die Überlegungen, welches Material hier im Wüstenklima für Kunst im öffentlichen Raum geeignet ist. Vor allem aber sind die Sammlungen, die auf Saadiyat Island Ende 2015 im Louvre Abu Dhabi, 2016 im Guggenheim Abu Dhabi zu sehen sein werden, Manifestationen eines großen Wunsches. Kulturgeschichte wird hier aus einer hierarchiefreien Perspektive betrachtet. Hier wird nicht von Eroberungen, Differenzen und Vorherrschaft erzählt, sondern von Austausch und Ähnlichkeiten. So sieht es auch de Vabres: Das Louvre Abu Dhabi sei ein “Zeichen für Frieden durch Kultur.“

Birth of a museum 22.4.-20.7.2013 Abu Dhabi

veröfffentlicht in: FAZ, 15.5.2013

Jean Nouvel, Architekt Louvre Abu Dhabi, vor Cy Twombly