IBCA: Prag Biennale II., 2005

23. Jun. 2005 in Biennalen

Nach Streitigkeiten finden 2005 plötzlich zwei konkurrierende Prag Biennalen statt: die eine unter italienischer Organisation, die andere, IBCA genannte, staatlich. Jetzt ist also die zweite, die IBCA oder auch Juni-Prag-Biennale eröffnet. Zu den gut 300 KünstlerInnen in der Fabrikhalle im Kalina-Viertel sind noch weitere 400 KünstlerInnen hinzugekommen, ausgestellt auf 9000 qm in der National Gallery, im St. Agnes Kloster und im Kinsky Palast mitten in der historischen Altstadt.

Kurz zur Erinnerung: Nach der ersten Prag Biennale 2003 verhinderte ein Streit eine reibungslose Fortsetzung. Man trennte sich und beschloss zwei parallele Biennalen. Die eine, von Flash-Art organisiert, wurde letzten Monat eröffnet. Die andere, offiziell „IBCA 2005“ (international biennale of contemporary art) genannt, folgte Mitte Juni. Zwei Kataloge, der erste mit gut 500 Seiten, der IBCA-Katalog jetzt mit 813 Seiten – zusammen lassen beide Ausstellungen Prag gerade zur Metropole vor allem der osteuropäischen Kunst werden. Unumstritten ist übrigens diese IBCA auch nicht.

Um den Präsidenten, Milan Knizak, ranken sich seit Jahren böse Gerüchte, die offenbar immer noch nicht zum Sturz dieses letzten Funktionärs in den Reihen der zeitgenössischen Kunst reichen. Aber sein Chefkurator, Thomas Vlcek, steht für einen korrekten und seriösen Ablauf der IBCA Biennale ein – zu der unübersichtliche 30 dreißig KuratorInnen eingeladen worden waren. Im Gegensatz zu allen anderen Biennalen sind es hier nicht die KünstlerInnen, sondern die KuratorInnen, denen die Nationen zugeordnet sind: gleich dreimal geht Großbritanien an den Start mit den Kuratoren David Dernie, Emilly Druiff, Ian Jeffrey. Für Deutschland kuratieren Ralf P. Seippel, Marek Schovanek, Michael J. Wewerka, die Schweiz kommt mit dem Duo Nadia Schneider/Katya Garcia Anton und der überaus gelungenen Ausstellung von Oliver Kielmayer auf den Plan. Ein Teil seines Projekts findet unten im Keller des Kinsky Palast statt, wo Mark Divo lauter Kollegen zu einer farbintensiven und Party-tauglichen „The Real Biennale“ einlud.
Weder die KuratorInnen noch die KünstlerInnen sind geläufige Namen. Möglicherweise gibt es hier also allerhand zu entdecken – was aber angesichts der schieren Menge und des eher studentischen Gesamteindrucks der Beiträge gar nicht so leicht fällt. Wie bereits in der Kalina-Halle, so erinnert auch hier die Präsentation stark an eine Kunstmesse. Kleine Kojen trennen die einzelnen Projekte voneinander ab. Dazwischen finden sich dann die Stars der Show, Jana Sterbak, Jiri Georg Dokoupil, Vaclav Pozaraek. Wenn man nicht weiß, dass die drei eigentlich ein thematischer Dreh- und Angelpunkt sind, tauchen sie einfach in die Reihen ein: von Dokoupil sind nur vier Gemälde, von Sterbak ein neuer Film, von Pozaraek allerdings jede Menge Skulpturen ausgestellt. Daran schließt sich dann übrigens die umfassende Show „Tschechische Malerei Heute“, kuratiert von Milan Knizak, an.

Pawel Althammer

 

Markus Schinwald, Jorge Pardo

Thematischer Schwerpunkt der IBCA Biennale sind „aktuelle Motive der postmodernen Kultur“ – ein nicht gerade spezifisches Thema, das von den KuratorInnen auch nicht weiter verfolgt wurde. So, wie sie sich auch nicht an die ihnen zugeordneten Nationen halten. Diese Biennalen-Idee ist hier ganz wunderbar ad absurdum geführt. So kuratiert der gebürtige Pole und im Kunsthaus Graz mitarbeitende Adam Budak für Österreich. In seiner Ausstellung im Kinsky Palast ist dann allerdings nur ein Österreicher dabei, shooting star Markus Schinwald. Dazu ein fahrbares Modell der Foksal Gallery Foundation in Warschau von Pawel Althammer, Lampen von Jorge Pardo, wunderbare Zeichnungen des in Kanada lebenden Marcel Dzama und die scheinbar in der Luft fliegenden Ziegelsteine einer Wand von Los Carpinteros, die allerdings in der National Galerie platziert sind.
Diese Ausstellung ist der in Konzept („Manipulationen“), Qualität und Auswahl herausragende Teil der IBCA, und dies nicht zuletzt aufgrund des grandiosen neuen Films von Johan Grimonprez, „Looking for Alfred“. Grimonprez suchte zahlreiche Doubles für Hitchcock und inszeniert surreale Szenen mit einem Vogel, einer an Melanie in „The Birds“ erinnernden Frau, die eine Kaffeetasse trägt – und immer wieder laufen diese Alfreds durch das Bild, mit Melone, an Rene Magritte erinnernd, zielstrebig und zugleich herumirrend. Dieser Beitrag ist auf jeden Fall eine Reise nach Prag wert – und die bezaubernde Stadt Prag sowieso.

Olaf Breuning, Lemon Pigs,2005

IBCA 2005, 14.6.-11.9., National Gallery Prag, Kinsky Palast, St. Agnes Kloster
publiziert in: www.artnet.de, 23.6.2005

http://www.artnet.de/content/DesktopModules/PackFlashPublish/ArticleDetail/ArticleDetailPrint.aspx?ArticleID=569&Template=Article_Print.ascx&siteID=0