Der Glaube an boomende Märkte: die 2. Art Dubai 2008
Aufgeschüttete Wohnanlagen in Palmenform oder als Weltkarte mitten im Meer, Luxusvillen, Yachthäfen, Golfplätze, das Sieben-Stern-Hotel „Burj al Arab“, bald das höchste Gebäude der Welt und der größte Vergnügungspark – Dubai ist reich an Superlativen. Noch 1990 standen im diesem kleinen Wüstenstaat gerade sieben Hochhäuser. Heute reihen sich die Wolkenkratzer aneinander, im Vorbeifahren perfekt zu besichtigen dank des ewigen Autostaus. In zwei Jahren, so lauten die Rechnungen, werden mehr als zehn Millionen Touristen Dubai besuchen. Der Strand soll künstlich vervielfacht und das Kulturangebot namhaft ausgebaut werden. Jean Nouvel hat bereits ein Opernhaus entworfen, im Nachbaremirat Abu Dhabi sollen auf der ´Saadiyat´-Insel fünf Museen entstehen, der Scheich von Sharjah plant schon länger ein Museum für seine Sammlung zeitgenössischer Kunst und die Sharjah Biennale ist längst auf einer Höhe mit den wichtigsten, internationalen Kunstereignissen. Was also liegt näher, als in dieser boomenden Region am Persischen Golf auch eine Kunstmesse abzuhalten?
Initiiert von einem Londoner Galeristen, war letztes Frühjahr unter dem Namen Gulf Art Fair die Premiere . Mit 600,- $ (ca. 390,- Euro) pro Quadratmeter ist es die teuerste aller Kunstmessen – jene in Köln, Wien oder Berlin kosten nicht einmal halb so viel. Rechnet man noch die hohen Hotelkosten in Dubai hinzu, kommen die Galerien je nach Ansprüchen und Standgröße auf 30.000 bis 60.000 Euro für die dreitägige Messe. Und doch ist die Zahl der Teilnehmer der 2. Art Dubai in diesem Jahr von 40 auf 68 Galerien gestiegen, ausgewählt aus 350 Ansuchen. Aus 28 Staaten kommen die Kunsthändler und besonders für jene aus nicht-westlichen Länder entwickelt sich die ´Art Dubai´ zum großen Hoffnungsträger, zum Zentrum einer neuen, vor allem arabischen und indischen Kunstszene. Hier sind dann auch so zentrale Positionen wie die Werke von Monir Sharoudy Farmanfarmaian ausgestellt, vertreten von der Galerie The Third Line aus Dubai. Ihr Auftritt gehörte neben Ai Wei Wei und Daniel Buren zu den Höhepunkten im Diskussions-Zelt ´Global Art Forum´. Farmanfarmaian ist 1924 in Teheran geboren, die Grande Dame der arabischen Kunst, deren Objekte meist auf dem Hexagon basieren und faszinierende Ornamente bilden. Ornamente sind überhaupt ein roter Faden dieser Messe, ob in Keith Harings Drachenzeichnung, Yayoi Kusamas Kürbissen oder Mona Hatoums Tuch aus feinen Stahlfäden – alles Werke übrigens, die unter 100.000,- $ nicht zu kaufen sind. Die Art Dubai ist eine deutlich hochpreisige Veranstaltung.
Während die westlichen Galerien, darunter auch die Wiener Galerien Gabriele Senn und Mario Mauroner, eher auf ungegenständliche und für diesen Markt oft zu minimalistische Werke setzen, sind die nicht-westlichen Stände der 2. Art Dubai von erzählerischen, figurativen Bildern geprägt, wie die Collagen aus historischen Fotografien von Bahman Jalali, die von der Silk Road Gallery aus Teheran schon ab 8.000,- $ verkauft werden, vor allem aber die überaus präsenten Werke indischer KünstlerInnen. Ob bei Chemould Prescott Road aus Mumbai oder Walsh Gallery aus Chicago, nahezu sämtliche Werke der shooting-stars Suboudh Gupta, Jitish Kallat oder Rashid Rana waren bei Preisen weit über 100.000,- gleich am Eröffnungstag verkauft.
Die Dominanz westlicher Kunst, das wird auf der 2. Art Dubai unübersehbar, geht dem Ende zu. Und darauf beginnen sich die Galerien einzustellen, wenn in ihrem Programm auch arabische KünstlerInnen präsent sind. So vertritt die Galerie Krinzinger den im Iran geborenen Nader Ahriman, dessen Bild auch sofort verkauft wurde. Christine König Galerie präsentiert den in Algerien geborenen Adel Abdessemed und reagiert spontan auf die Situation, indem sie kurzerhand auch die Fotografien ihres jungen, örtlichen Mitarbeiters Sami Ai-Turki, einem Kunststudenten aus Saudi-Arabien, ausstellt. Wie weit Sammler aus diesen Regionen die Messe maßgeblich mittragen werden, lässt sich noch nicht absehen, genauso wenig, wie auf Ankäufe für die Museen der Emirate spekuliert werden kann. Die Verkaufszahlen sind noch nicht ins Reich der Superlative aufgestiegen, die Teilnahme an der Art Dubai ist für die meisten Galerien noch eher eine Investition in die Zukunft, ein Glaube an neue Märkte. Aber das wachsende Parallelprogramm der Messe, der zunehmende Erfolg der chaotischen Gegenmesse „Creek Art Fair“ und die enorm steigenden Besucherzahlen der ´Art Dubai´ lassen erkennen, dass sich hier ein neues Zentrum etabliert – wer sich über nicht-westliche Kunst informieren möchte, wird an dieser Messe nicht mehr vorbeikommen.
Art Dubai, 19.-22.3.2008, Madinat Jumeirah Hotel, The Arabian Resort
Veröffentlicht in: Die Presse, 27.3.2008
http://diepresse.com/home/kultur/news/372551/Kunst_Der-Glaube-an-boomende-Maerkte