Sarah Cosulich über Artissima und Pinacoteca Agnelli

25. Nov. 2022 in Interview, Kunstmarkt

La Pista, Lingotto. Ph. MYBOSSWASS. Credit Installation view Pinacoteca Agnelli Torino

SBV: Sie waren fünf Jahre Direktorin der Turiner Kunstmesse Artissima. Seit 2021 leiten Sie die Pinacoteca Agnelli. Welche Erfahrungen aus Ihrer Artissima-Zeit können Sie für Ihre neue Position mitnehmen?
Sarah Cosulich: Ich habe durch Artissima viel über das Entwickeln von Strukturen für Mitarbeiter:innen, aber auch für eine starke Identität gelernt. Auch das Knüpfen von Netzwerken, die in der Stadt tragend werden, ist eine wertvolle Erfahrung. Und nicht zuletzt die Herausforderung, die Mission einer Institution zu definieren.
SBV: Können Sie sich vorstellen, noch einmal eine Kunstmesse zu leiten?
Sarah Consulich: Ich liebe es zu kuratieren, eine Institution zu leiten und vor allem wieder eng mit Künstler:innen zusammenzuarbeiten!
SBV: Welche Veränderungen haben Sie für die Pinacoteca Agnelli initiiert?

Liam Gillick, Pinacoteca Agnelli, Turin 2022. La Pista. Ph Sebastiano Pellion di Persano_3

Sarah Cosulich: Die Veränderungen beginnen mit einem neuen Logo und einem neuen Konzept für das Graphik Design. Vor allem aber haben wir die Institution über neue Formate für die Öffentlichkeit weiter geöffnet. Eine deutliche Neuerung ist die „La Pista“: Oben auf dem Dach auf der ehemaligen Teststraße für neue Autos ist jetzt Garten mit Skulpturen und einem Restaurant. Das Areal war nie zuvor öffentlich begehbar. Jetzt können die Besucher hierher auch direkt hinkommen, ohne das Museum zu besuchen. In der obersten Etage sind noch die 25 Meisterwerke aus der Agnelli Sammlung ausgestellt, die jetzt mit zeitgenössischer Kunst verbunden werden. Dafür greifen zeitgenössische Künstler:innen je ein Werk in einer Soloschau für ihre Installation heraus, als erstes Simon Starling mit Tiepolo. Und es gibt jetzt ein Cafe und die Räume für Wechselausstellungen, wo gerade die Schau von Sylvie Fleury läuft.
SBV: Früher gab es nur die Meisterwerke-Sammlung?
Sarah Cosulich: Neben der Sammlung gab es immer auch Ausstellungen, die aber von außerhalb dazukamen, also Übernahmen. Jetzt haben wir eigene Produktionen, wofür auch erstmals Kuratorenstellen eingerichtet sind.
SBV: Das klingt nach einer stattlichen Budget-Erhöhung …
Sarah Cosulich: … das ist nur ein wenig angehoben worden. Wir haben die eigenen Ressourcen maximiert, vor allem durch die In-Haus-Produktionen. Gleichzeitig bauen wir damit auch das hausinterne Wissen für weitere Projekte aus. Die Neuerungen werden sehr gut angenommen, in knapp fünf Monaten hatten wir 56.000 Besucher:innen.
SBV: Vielen Dank für das Gespräch.

Simon Starling, Installation view Pinacoteca Agnelli, Torino, 2022
Ph. Sebastiano Pellion di Persano

Sylvie Fleury, Turn Me On_Yes to All. Courtesy Pinacoteca Agnelli , Turin 2022