Es ist wieder Art Cologne-Zeit und die Stimmung ist trotz der schwierigen wirtschaftlichen und politischen Umstände beeindruckend heiter – Rheinland eben!
Punkt 12 Uhr Mittag öffnen die Türen der Art Cologne für die ersten Preview-Gäste – und die kommen in Scharen in die Messehallen am Rhein. Die Stimmung in den Gängen der beiden Hallen Nahe des Kölner Doms ist gelassen bis heiter. Nichts ist zu spüren davon, dass gerade erst Trump die US-Wahlen gewonnen hat und die deutsche Ampel-Regierung gerade zerbricht.
Ganz offensichtlich betreffen solche tagespolitischen Geschehnisse den deutschen Kunstmarkt in keinster Weise. Gleich am ersten Tag meldet die Galerie Thaddaeus Ropac den Verkauf eines Baselitz´ für 875.000 Euro, bei Sprüth Magers fand Walter Dahns „Baselitz Pop“ für stolze 120.000 Euro einen Käufer und ein monumentales Gemälde von Anne Imhof ging bei Daniel Buchholz für 250.000 Euro weg.
Und doch stellt man sich ganz leise die Frage, ob Köln immer noch der richtige Austragungsort für diesen wichtigsten deutschen Kunstmarkt ist. Gegründet 1967 als „Kunstmarkt Köln“, nahmen an der ersten Ausgabe 18 Galerien teil, besucht von 15.000 Gästen. In den 1980er Jahren entwickelte sich Köln zur Kunsthochburg, in den 1990er Jahren war hier der wichtigste Markt für US-amerikanische Gegenwartskunst. In den besten Zeiten nahmen an der 1987 in „Art Cologne“ umbenannten Messe über 400 Galerien teil.
Zauberwort ´Rheinland´
Aber heute ist Köln längst keine Kunstmetropole mehr. Galerien und Künstler wanderten in Scharen nach Berlin ab. Braucht Köln da überhaupt noch die Kunstmesse? Wen immer man auf der Messe fragt, man erhält sofort und voller Nachdruck dieselbe Antwort: Ja! Das Zauberwort dafür lautet ´Rheinland´. Diese Region im Westen Deutschlands weist eine außergewöhnlich hohe Dichte von Kunstinstitutionen auf – und von engagierten, kenntnisreichen und neugierigen Privatsammlern, wie nahezu jede Galerie betont. Darin sieht auch Messedirektor Benjamin Agert „das Fundament der Art Cologne“. Die Messe sei „der Kulminationspunkt, wo einmal im Jahr alle zusammenkommen – die Art Cologne ist ein Fixstern“.
Daniel Hug, künstlerischer Direktor seit 2008, betont die Tradition: „Die Art Cologne ist der wichtigste Kunstmarkt in Deutschland, ist in Köln geboren und gehört hierher.“ Auf die Frage nach der rückläufigen internationalen Beteiligung kontert er: „Zweck der Messe ist die Stärkung des Kunstmarkts in Deutschland – das steht in den Statuten seit der ersten Ausgabe“ – und außerdem liebe er regionale Messen statt eines weltweiten Einerleis der immergleichen Megagalerien.
Von dieser Zuversicht ist auch der Eröffnungstag getragen. Die weitgehend moderaten Standpreise für die Galerien mit 450,- Euro bei 36 oder 56 Quadratmetern tragen ebenfalls zur Stabilität der Messe bei. In der mit schneeweißen Teppichen gekennzeichneten Sektion „Neumarkt“ für heuer 26 Galerien unter 13 Jahren beträgt es nur 280,- Euro. Hier finden sich spannende Entdeckungen wie die feinen, surrealen Bleistiftzeichnungen der polnischen Künstlerin Dorota Jurczak für 10.000 Euro bei KIN aus Brüssel. Alex Flick nimmt mit seiner Londoner Galerie Gathering erstmals teil, er sieht Köln „als das Herz der jüngeren deutschen Kunstgeschichte“ und überlegt, hier eine Filiale zu starten.
Wie er betonen viele Galerien, dass das dichte Rheinländer Sammlernetz eine wichtige Motivation zur Teilnahme sei. Gerade diese Sektion ermöglicht ein weiteres Credo von Hug: „Kunst muss erschwinglich sein“, ist er überzeugt. Im Rheinland ist die Hauptkundschaft eine bürgerliche Käuferschaft, die nicht Pradataschen-verliebt nach Trophäen sucht, sondern unelitär ihre unaufgeregte Beschäftigung mit Kunst verfolgt.
Art Cologne wird expandieren?
80 Prozent der Besucher stammen aus dem Rheinland. Doch trotz dieser intensiven regionalen Verankerung plant die Art Cologne einen gewagten neuen Schritt: Sie befänden sich in intensiven Verhandlungen mit offiziellen Stellen einer „bekannten mediterranen Insel“, auf der viele Deutsche leben – so viel verrät Daniel Hug bereits. Damit folgt die Art Cologne einem Trend, der – verkleinerte – Messen immer häufiger in Ferienorte bringt – wo die Stimmung noch entspannter sein wird als am Rhein.
in gekürzter Fassung veröffentlicht in: Die Presse, 10.11.2024
175 Galerien aus 24 Ländern nehmen an der 57. Art Cologne teil, darunter 12 Galerien aus Österreich. Jährlich kommen rund 40.000 Besucher in den vier Tagen zu der Messe. Ein Schwerpunkt der Messe ist die Förderung von junger Kunst mit „Förderkojen“ und von jungen Galerien in der Sektion „Neumarkt“.