ABQ: Art Basel Qatar 2026

28. Mai. 2025 in Kunstmarkt

Richard Serra vor dem Museum of Islamic Art (MIA), Doha 2011. Courtesy Qatar Museums

Damit hat niemand gerechnet: Die Art Basel expandiert in das kleine Emirat Katar. Nach Basel, Hong Kong, Miami und Paris ist Art Basel Qatar (ABQ) jetzt der fünfte Standort.

Dieser Schritt in den Nahen Osten war schon lange abzusehen. Iran und auch Libanon haben eine große Kunsttradition und auch in dem Steuerparadies Dubai bauen Expats bis lokale Jungunternehmer Sammlungen auf. Das Kapital ist vorhanden, der Markt jung und hungrig, die Nachfrage wachsend.

Messen im Nahen Osten

So begann 2006 in Abu Dhabi die erste Kunstmesse, damals noch mit wenigen Blue-Chip-Meistern im Baseent des 7-Sterne-Hotel Emirates Palace. Die ersten zwei Jahre in französischen Händen, ist es seit 2008 als Abu Dhabi Art (ADA) im Staatseigentum.

2007 folgte die private-public-betriebene Art Dubai, heute der wichtigste Handelsplatz für zeitgenössische Kunst in der Region. Letztes Jahr suchte die Schweizer Kunstmesse Kontakt zur ADA. Zwanzig Millionen soll das Emirat der Schweizer Messegesellschaft MCH dafür geboten haben, als Partner einzusteigen – was das durch Kapitalerhöhungen und Neuausrichtungen strauchelnde Unternehmen dringend benötigt.

Strauchelnde MCH

Lag der Kurs von MCH 2018 noch bei 66,30 Schweizer Franken, sind es heute 3,50 Franken. Wegen Unterfinanz von 19,7 Millionen Franken erfolgte gerade erst ein Kapitalschnitt. Miteigentümer James Murdoch pocht offenbar massiv auf Expansion, um das Unternehmen wieder hochzuziehen – und dies offenbar noch vor der Hauptversammlung am 27. Mai.

Jetzt also ABQ: Art Basel in Katar

Doha. Courtesy Art Basel

Die Verhandlungen mit Abu Dhabi blieben erfolglos. Die Erwartungen waren wohl zu unterschiedlich, der dominante regionale Schwerpunkt der ADA vielleicht auch unpassend für die Art Basel. Stattdessen zieht es die Schweizer Messe jetzt also nach Katar.

In jenes Emirat, das als nur 180 Kilometer lange Halbinsel im Persischen Golf an Saudi-Arabien grenzt; in dem von den knapp 3 Millionen Einwohnern nur gut 10 Prozent Kataris sind – und das mit dem North Dome das größte bekannte Erdgasfeld besitzt. Eben diese enorme Finanzkraft ermöglicht es auch der Herrscherfamilie Al Thani, seit den 1990er Jahren umfassende Kunst- und Antiquitätensammlungen, dazu die passende Museumslandschaften aufzubauen.

Einzigartige Museumslandschaft im kleinen Emirat Katar

Nördlich von Doha stehen Richard Serras „East-West/West-East“ (2014) gigantische, bis zu 16,7 Meter hohe Stahlstelen in der Wüste. Courtesy Qatar Museums

Großartig auch die Public Art von Richard Serra und Olafur Eliasson in der Wüste. In der Hauptstadt Doha stehen das National Museum in Form einer gigantischen Wüstenrose von Jean Nouvel und das schwebend erscheinende Museum of Islamic Art von I. P. Mei. Die zu einem Museum umgebaute Schule namens Mathaf verfügt über die weltweit beste Sammlung Arabischer Kunst seit der Moderne, die umgebaute Fire Station ist der Gegenwartskunst gewidmet und 2030 werden die von Alejandro Aravena umgebauten Türme einer ehemaligen Getreidemühle als internationales Museum gleich am Corniche eröffnet. 2026 soll die erste Kunst-Quadrinale kommen, eine Design-Biennale begann letztes Jahr im M7 genannten Designzentrum.

ABQ im M7

M7 in Doha. Courtesy Art Basel

In diesem zentral gelegenen Haus soll im Februar auch die erste ABQ stattfinden. Die überschaubare Größe des kastenartigen Baus mit der hohen, als Auditorium nutzbaren Innenhalle lässt allerdings keine große Messe zu. Angekündigt sind auch nur 50 Galerien: ABQ soll eine „Plattform“ für „führende Galerien“ und „herausragende künstlerische Positionen“ aus der Region werden. Ein „streng kuratiertes Schaufenster“. Abgeschlossen wurde der Deal mit Qatar Sports Investment (QSI), einem Unternehmen im Besitz des Emir Tamim bin Hamad Al Thani, dem auch der französische Fußballclub Paris Saint-Germain gehört.

Katar in Venedig

Der zweite Partner ist QC+, der kommerzielle Arm von Qatar Museums, geleitet von Sheikha Al-Mayassa bint Hamad bin Khalifa Al Thani, die gerade erst in den Giardini in Venedig einen eigenen Pavillon einweihte. Seit 30 Jahren hatte es keinen Neubau mehr gegeben, es wird wahrscheinlich auch der letzte permanente Länderpavillon auf dem prestigeträchtigen Gelände der Biennale Venedig sein.

Konkurrenz in der Region

Louvre Abu Dhabi’s exterior with Abu Dhabi’s skyline (night) © Louvre Abu Dhabi, Photography: Mohamed Somji

Die Entscheidung für eine internationale Kunstmesse ist da nur folgerichtig. Aber so verführerisch einfach dieser Schritt der Schweizer an den Persischen Golf klingt, so herausfordernd ist die Entscheidung. Denn die Konkurrenz rundherum ist enorm: Die Vereinigten Arabischen Emirate (VEA) bieten in Abu Dhabi die großen Museen vom Louvre Abu Dhabi bis zum – noch nicht eröffneten – Guggenheim Abu Dhabi.

JAX District, Riyadh – Photo Credit. JAX District

Dubai verfügt über eine rasant wachsende Kunstszene mit spannenden Galerien und immer mehr Künstlern, die herziehen. Saudi-Arabien investiert gerade Millionen in den Aus- und Aufbau der Kultur, mit zwei Biennalen, einem „Tal der Kunst“ und geplanten 350 Museen, allein sieben in der Hauptstadt Riad. Im April fand die von 17.000 Interessierten besuchte Art Week Ryiadh statt, gerade folgte die erste Design Messe und zuvor hatte Sotheby´s eine vielbeachtete Premiere in Riad. Das Auktionshaus erzielte an dem Abend 17,3 Millionen Dollar für 140 Lose von Luxusobjekten bis zu bildender Kunst inklusiv eines Rekordpreises für ein Werk von Mohammed al Saleem aus dem Jahr 1977 – er ist einer der wichtigsten „Pioniere“, wie die Generation der Modernen in Saudi genannt wird.

Welche Kunstszene in Katar?

Rendering des Art Mill Museum des chilenischen Architekturstudios ELEMENTAL von Alejandro Aravena. 2030 sollen die umgebauten Türme der ehemaligen Getreidemühle am Corniche eröffnen. Courtesy Qatar Museums

In Katar dagegen existiert noch keine nennenswerte Kunstszene. Auch ist die Menge an potentiellen Kunstsammlern verglichen mit den Nachbarstaaten sehr gering. Zwar beteuert Noah Horowitz, CEO der Art Basel, ihr Ziel sei der Aufbau eines lokalen Marktes und einer regionalen Sammlerbasis. Aber mit der Formulierung „führende Galerien“ zielt ABQ wohl eher auf westliche Megaplayer inklusiv ihrer Blue-Chip-Top-Kunden – denen in dem kleinen Wüstenemirat dank der spannenden Museumslandschaft bis zu den zahlreichen Spitzenhotels ein erlebnisreiches VIP-Programm offeriert werden kann, wie es kaum eine andere Kunstmessen zustande bringt. Wie lange für diese Klientel da wohl noch die nette 180.000 Einwohner-Stadt Basel attraktiv bleiben wird? Und ob die Käufer im Februar nach Katar, gleich einen Monat später dann nach zur Art Basel Hong Kong fliegen werden?

veröffentlicht in gekürzter Fassung in: Die Presse, 25.5.2025